Wir wollen nicht niedlich sein!

Starke Frauen überall? Schön wär's. Zum Weltfrauentag haben Frauen auch hier in Völklingen kontrovers über Gleichberechtigung diskutiert. Eine wichtige Erkenntnis dabei: Wir Frauen können den Prozess beschleunigen. Nur über die „bösen Männer“ zu schimpfen, bringt uns nicht weiter.

Frauen sind süß. Frauen sind zahm. Frauen sind schutzbedürftig. So soll es sein und so lernen wir es leider immer noch. Auch in Völklingen können Frauen ein Lied davon singen. Eine deutsche Studentin erzählt mir, dass ihre Großmutter sie immer ermahnt habe, "fraulich" zu sein, um der Männerwelt zu gefallen ("Wenn du ruppig bist, wirst du keinen Mann finden."). Syrerinnen verteidigen ihren Schleier mit den Worten "Das Kopftuch verdeckt den Kopf und nicht das Hirn". Eine andere Frau berichtet, dass ihr deutscher Mann von ihr verlange, ihn zu bedienen. Eine Syrerin, die mit 15 geheiratet hatte ("das ist ganz normal in Aleppo"), besaß den Mut, sich scheiden zu lassen. Sie sagt: "Eine geschiedene Frau ist in Syrien eine gebrochene Frau."

Diese Geschichten zeigen: Frauen, ganz gleich welcher Herkunft, behaupten sich auch in der heutigen Zeit nur mit Mühe. Dafür verantwortlich sind aber nicht nur die "bösen Männer". Wir müssen uns auch selbst fragen, wie wir den Prozess beschleunigen können. Großmütter sollten auf "Fraulichkeits-Nachhilfe" für die Enkeltöchter verzichten. Wer als Frau ein Kopftuch und damit unweigerlich auch ein Symbol nach außen trägt, sollte sich fragen, weshalb Männer nie auf die Idee kämen, sich zu verschleiern und weshalb viele Kopftuchträgerinnen angeben, sich ohne Kopftuch "ungeschützt" zu fühlen. Wenn ein Mann erwartet, dass seine Ehefrau ihn bedient, dann sollte auch die Frau wissen, dass Scheidung eine Option ist. Eine, die in Deutschland frei wählbar ist. So viel Freiheit genießt die Frau in Syrien nicht. Wenn sie sich dennoch traut und beschließt, sich nicht "brechen" zu lassen, dann ist sie uns allen ein Vorbild.

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