Willi ist tot

Saarbrücken für Fortgeschrittene · Wilhelm Brixius war ein Schaffer, kein Schaumschläger. Er fehlt – nicht nur im Saarbrücker Zoo, für den er mehr war als der Mann, der die Finanzen im Griff hatte.

Das mit dem Willi und mir, das war so eine typisch saarländische Sache. Es ist knapp zehn Jahre her, da stand er vor mir. Mein Gehirn war noch dabei, einen Gedanken zu formen, der in etwa ausdrücken sollte: "Den Mann kennst Du irgendwoher." Bevor ich den Gedanken aussprechen konnte, sagte der Mann, der mir mit Bart und Bauch gar nicht so unähnlich war: "Wir kennen uns." Und offenbar arbeitete sein Gedächtnis an diesem Tag besser als meins, denn er fügte direkt und ohne jeden Zweifel in der Stimme hinzu: "Aus der Villa Fuchs in Merzig."

Es dämmerte mir: Der Willi, das war einer der Leute aus dem Computerclub, der sich dort im Kulturzentrum ab und zu traf. Die Kumpels, mit denen ich mich dort getroffen habe, waren mehr an Kunst und der Kneipe interessiert. Willi und ich waren uns also eher mal begegnet, als dass wir uns wirklich kannten. Dass wir uns gleich duzten und plauderten, als hätten wir uns erst gestern noch in dieser Villa gesehen, lag an Willis unkomplizierter und unheimlich sympathischer Art.

Dass wir uns in Saarbrücken trafen, lag daran, dass Wilhelm Brixius, Willi eben, sich auf ein Abenteuer eingelassen hat. Nachdem vor gut zehn Jahren die Leitung des Saarbrücker Zoos vom Stadtrat in die berufliche Wüste geschickt worden war, kümmerte sich Willi als Geschäftsführer des Zoos zusammen mit dem neuen Zoodirektor Richard Francke darum, den Zoo aus dem parteipolitischen Kreuzfeuer rauszubringen. Mit Erfolg.

Das neue Seehundbecken, das Freigehege für die Gorillas, die neue Pinguinanlage - all das hat Willi Brixius mit auf den Weg gebracht. Dabei blieb er immer im Hintergrund. Willi war ein Schaffer, kein Schaumschläger. Einer der auch erstmal über Probleme lachen musste, um sie ernst zu nehmen. Dabei war die Arbeit als kaufmännischer Zoochef etwas, das Willi zwar mit Herzblut, aber nebenher erledigt hat - "gegen eine Aufwandsentschädigung". Denn hauptsächlich arbeitete dieser Mann, der wie ein Fels in der Brandung wirkte, beim städtischen Entsorgungsbetrieb ZKE.

War, wirkte, arbeitete - Vergangenheitsform. Willi ist vor einigen Tagen gestorben. Mit 60 Jahren "nach schwerer, mit großem Mut und Energie ertragener Krankheit", wie seine Familie schreibt.

Der Willi ist tot. Aber es würde mich nicht wundern, wenn er irgendwann in den ewigen Jagdgründen auf mich zukäme, um mir mitzuteilen: "Wir kennen uns." Ich würde dann erstmal das sagen, was ich ihm in dieser Welt nicht mehr sagen konnte: "Danke, dass ich Dich kennenlernen durfte, Willi!"

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort