Vorwärts in die Vergangenheit

Saarbrücken · Der Hauch der Vergänglichkeit wehte im vergangenen Jahr durch unsere gute Stube. Die kurz MB genannte Kneipe "Marktbrunnen" machte dicht. Das "Bruchs No 1" auf der anderen Seite des St. Johanner Markts wurde von der Mietkrake versenkt. Und zum Jahresende gab es Tränen, weil das Café Becker am Rand des Markts für immer dichtmachte. Mit den Menschen hinter den Tresen ging für die, die lange ihre Kunden waren, immer auch ein Stück der eigenen Lebensgeschichte dahin.

Ob der Taccoladen, der inzwischen im MB eröffnet hat, oder der Hot-Dog-Laden "Barks", der gegenüber in ein ehemaliges Ladenlokal eingezogen ist, mehr als eine Randnotiz im Leben der Marktgänger werden? Und ob aus dem ehemaligen "No 1" wieder etwas wird, das uns gut tut? Oder ob es noch länger ein Schandfleck bleibt, der uns das Gruseln vor der Krake lehrt?

In diese düsteren Gedanken hinein ruft Jürgen Petry etwas, das sich anhört wie: "Fürchtet Euch nicht!" Ende vergangenen Jahres hat sich der Saarbrücker Gastronom von seinem "Café am Schloss" getrennt. Nun schickt er sich an, das "altehrwürdigen Gasthaus Zahm" zurück in die Vergangenheit zu führen.

1911 wurde das Haus in der Saarstraße gebaut und eröffnet - als Hotel und Gaststätte unter dem Namen "Zum weißen Ross". Erster Inhaber war Heinrich Zahm, ein Pferdehändler und Züchter aus Walsheim im Bliesgau. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Haus 1945 umgebaut. Das Hotel und Gasthaus firmierte nun unter "Nassauer Hof". Ab 1949 wurde es vom Saar-05-Förderer Jupp Zahm geführt. Seit 1975 nennt sich der Betrieb nur noch "Gasthaus Zahm".

"Mit dem plötzlichen Tod von Jupp Zahm am 31. März 1987 endete eine Ära", hat mir Jürgen Becker einmal Nachhilfe in gastronomischer Stadtgeschichte gegeben. Er hat das Gasthaus 2011 übernommen, aber auch bald schon wieder aufgegeben, weil er sich ganz um sein Wirtshaus "Unter der Linde" am Daarler Markt kümmern wollte. Auf Jupp Zahm folgte aber erstmal Fritz Dilger. 2008 übernahm Peter Ruppel.

Der Herr Ruppel kehrt nun ins Zahm zurück - als Musiker. Er spielt dort drei Tage nach der Neueröffnung am 18. Februar. Nachdem das Gasthaus zwischenzeitlich etwas experimenteller geführt wurde, will Jürgen Petry nun zurück zu den Wurzeln. "Grenzlandküche" soll es geben, sagt er - "ohne jeden Hipster-Firlefanz mit besten Zutaten aus der Region, schöne alte Musik, leckere Bierchen, feine Weine und jede Menge Hasegespräch an der Theke" - klingt nach Leben.

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