Von Wegschmeißern auf Aufhebern

Saarbrücken für Fortgeschrittene · Kennen Sie auch diese Wut im Bauch, wenn Sie zum Beispiel spazieren gehen und mitten in schönster Natur fliegen mal wieder Papiertücher, Plastikflaschen oder anderer Müll rum? Bei mir geht dann schon mal die Laune in den Keller, weil ich einfach nicht verstehe, wieso manchen Menschen ihre Umgebung offenbar so völlig egal ist.

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Foto: Robby Lorenz

Wieso ist es so schwierig, die Verpackung vom frisch verzehrten Schokoriegel einzustecken und später in den Mülleimer zu werfen?

Wieso kann man Bierflaschen zwar bis zur Schutzhütte im Wald schleppen, aber leergetrunken sind sie dann zu schwer, um sie wieder mitzunehmen? Es ist mir ein Rätsel.

Auch begreife ich nicht, wieso - übrigens meist jüngere Männer - es so schwierig finden, die Hinterlassenschaften ihrer Hunde zu entsorgen. Die Saarbrücker Eisenbahnstraße hat die Stadt mit viel Steuergeld - also unser aller Geld - saniert und hübsch gemacht. Gehen Sie da mal durch. In der Ecke bei der Sparkasse liegt manchmal auf jeder der auch noch hell gekalkten Bauminseln ein unappetitliches Häufchen.

Man fragt sich schon, wie es möglich ist, dass unsere Welt trotz all dieser Schmutzfinken noch nicht im Dreck versunken ist. Und da kommen jetzt die anderen ins Spiel.

Die Wegräumer. Und damit meine ich jetzt nicht die Mitarbeiter des ZKE, die ja dankenswerterweise regelmäßig unsere Stadt vom gröbsten Müll befreien. Ich meine die Leute, die einfach so zupacken. Gerade in letzter Zeit habe ich ein paar - ja, leider nur Frauen - kennengelernt, die das Aufräumen offenbar so im Blut haben, dass sie es ganz automatisch machen. Bei einer guten Bekannten fiel es mir besonders auf. Wir gehen öfter mit den Hunden gemeinsam spazieren.

Und da beobachte ich immer wieder, dass sie sich mitten im Gespräch kurz bückt und eine Plastiktüte, eine Verpackung oder sonst etwas aufhebt, mitnimmt und später entsorgt. Sie will sich nicht ärgern über den Müll, sagt sie. Sie hebt ihn einfach auf. Dann ist er weg - aus der Natur und aus ihrem Kopf.

Diese Einstellung finde ich großartig. Und mache das jetzt öfter auch mal. Und es hilft. Man fühlt sich besser, kann die Wut vergessen - und kein Tier kann das Schoko-Papier mehr mit was Essbarem verwechseln. Eine andere Bekannte hat auch schon mal die Häufchen fremder Hunde entsorgt, damit der Park schön bleibt. Soweit kann ich nicht gehen, das finde ich dann doch zu eklig. Aber ich bin immer dankbar, wenn sie es tut. Weil dann der Park auch für mich wieder schöner ist.

Hin und wieder versuche ich, mich zu erinnern, wie ich selbst eigentlich früher war. Und dann fällt mir mit einer gewissen Verlegenheit ein, dass es zumindest mal eine Phase gab, in der ich als jugendliche Raucherin einfach die Kippen auf die Straße geschmissen habe. Das ist mir natürlich im Nachhinein ziemlich peinlich.

Aber heute hebe ich dafür öfter mal welche auf. So gleicht sich das hoffentlich wieder aus. Und vielleicht werden überhaupt viele der Wegschmeißer später zu Wegräumern. Yin und Yang nennen dieses Gleichgewicht des Lebens die Chinesen. Die Vorstellung finde ich beruhigend.

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