Kolumne So kann’s gehen Familiäre Vorbelastung
Saarbrücken · Sind Sie eigentlich familiär vorbelastet? Ich bin es definitiv. Und damit meine ich in diesem Fall nicht irgendwelche Krankheiten, die meine Familie zu Hauf angesammelt hat.
Bei meiner Großmutter lagen immer ein Buch im Wohnzimmer und eines im Schlafzimmer. Wenn ich an meine Mutter denke, sehe ich sie sofort mit einem Buch vor mir. Wenn wir in den Familienurlaub gefahren sind, hätten wir eine ganze Tasche nur mit Büchern füllen können. Zum Glück haben wir unseren Lesestoff immer in dem jeweiligen Gepäck und Fußraum verstaut – bei fünf Leseratten wären es wohl eher drei oder vier große Taschen geworden...
Und Bücher mussten immer überall mit hin. Es ging sonntags zur Oma – auf dem Weg im Auto haben wir Kinder gelesen. Wir sprechen hier immerhin von einer unvorstellbaren langen Fahrt von bestimmt 10 Minuten.
Meine Eltern haben so viel gelesen, dass eine komplette Wand im Wohnzimmer aus Bücherregalen bestand/besteht. Was für Minimalisten nach einem Alptraum klingt, war und ist für mich der Himmel auf Erden. Wenn ich ein Buch aus habe, gehe ich einfach ins Wohnzimmer und suche mir aus meiner Privatbibliothek ein neues heraus.
Und wie es aussieht, wurde die Sucht auch an die nächste Generation weitergegeben. Meine Nichte hat während unseres letzten gemeinsamen Urlaubes innerhalb einer Woche drei Bücher gelesen und ein viertes angefangen. Auch sie ist begeisterter Fan der Privatbibliothek, in der sie immer etwas Tolles entdecken kann.
Bösartige Stimmen aber unken, dass die Statik des Hauses es bestimmt nicht mehr lange mitmachen wird, wenn ich meiner Lesesucht weiterhin so fröne. Dabei ist es vollkommen übertrieben, da ich ja selten neue Bücher kaufe. Vielleicht sollte ich aber trotzdem mal einen Statiker nach seiner Meinung fragen. Aber zuerst muss ich beim Buchhändler meines Vertrauens meinen Gutschein einlösen. Man muss ja schließlich Prioritäten setzen
