Trauerfall im Aquarium
So kann's gehen · SZ-Redakteurin Angelika Fertsch hat einen entspannenden Zeitvertreib gefunden. Doch hinter Glas gibt es auch Dramen.
Meine neuen Freunde belästigen mich nicht mit dummen Sprüchen. Stumm ziehen sie ihre Kreise. Ihnen zuzuschauen, entspannt ungemein und ersetzt fast die Yogaübung.
Ich spreche von unserem bunten Prachtburschen, dem Skalar, der leider über Nacht zum Witwer wurde. Da ihn die Trauer offenbar so schwächte, dass er sich nicht mehr wehren konnte, knabberten die kleinen gestreiften Barben, die die gleiche Behausung teilen, einfach seine Flossen an. Was wiederum eine Rettungsaktion erforderte.
Der arme Typ kam in ein neues Aquarium. Das steht nun in meinem Büro. Die Bisswunden verheilten prächtig. Bald schwamm er wieder, segeln müsste man eher sagen, majestätisch durch das Becken. Untersuchte die Pflanzen. Und schien irgendwie einsam.
Ich hatte Erbarmen. 29,90 Euro investierte ich in ein kohlrabenschwarzes Skalar-Weibchen, genauso groß wie er. Denn ein kleineres hätte er gefressen oder verbissen, so der Fachmann. Sitze ich auf meinem Bürosessel und schaue kurz rüber, wackelt er mit dem Kopf. Winkt er auch mit der Flosse? Nein, das kann nicht sein. Unmöglich, oder? Lüfte ich den Deckel, und er sieht meine Hand, folgt er ihr. Wir sind dicke Freunde , echt. Nur über eines bin ich sauer. Er gönnt seiner neuen Gefährtin keinen Bissen. Austricksen muss ich ihn jedes Mal bei der Fütterung. Blöde Sprüche muss ich mir trotzdem nicht anhören, siehe oben. Die kommen dann höchstens von der Familie.