Hochwasser in Saarbrücken, Stau bis in den Aufzugschacht Warum man bei Schnee ein gutes Buch mit in den Aufzug nehmen sollte

Vanilleeis – ein Fluch und auch ein Segen. Fluch, weil‘s schmilzt, Segen, weil‘s die Wartezeit im feststeckenden Aufzug verkürzt.

So kann's gehen: Hochwasser in Saarbrücken, Stau bis in den Aufzug
Foto: Robby Lorenz

Ein kurzes, leises Rumpeln, ein Zögern, zuletzt noch ein kurzer Hüpfer nach oben, dann stand der Aufzug. Zwischen zwei Etagen. Wenigstens war nur ein einziger Fahrgast drin. Blöd, dass ich dieser Fahrgast war. In einer Filmkomödie hätte der Protagonist vermutlich noch zwei Eis am Stiel dabei gehabt, die nun zu zerfließen drohten. Nun, es war keine Filmkomödie. Ich hatte aber trotzdem zwei große Eis am Stiel dabei (Vanille mit Schokoglasur). Denn eigentlich war ich ja schon auf dem Heimweg gewesen, hatte nur eben noch in der Cafeteria des Seniorenheims die beiden Eis gekauft, um sie schnell in der dritten Etage abzugeben, was nun aber der unangekündigte Aufzugstreik verhinderte. Und selbstverständlich hatte ich, ganz entgegen meiner Angewohnheiten, auch kein Handy dabei.

Der Steckenbleiber war keiner der Hauptaufzüge, sondern ein kleinerer, in einem Nebentrakt. Warum nur hatte das blöde Teil - laut Aufkleber Baujahr 1975, umgebaut 2010, nächste TÜV-Untersuchung März 2023 - diesen Aussetzer? Ich hatte zwar zuletzt etwa zugenommen, aber das zulässige Maximalgewicht von 450 Kilo hab' ich denn doch noch nicht erreicht. Und auf der Anzeigentafel laufen nur, sich ständig wiederholend und in roten Großbuchstaben, die Worte "AUSSER BETRIEB" - ach was, hätt' ich gar nicht gemerkt ... Aber wenigstens gab's da noch diesen Notrufknopf mit dem Hinweis auf eine Notrufzentrale. Also Knöpfchen gedrückt - was während des Drückens auch einen durchdringenden Sirenenheulton durch die Kabine schickte - und ein paar Sekunden später meldete sich tatsächlich aus einem Lautsprecher außerhalb des Lifts eine Frauenstimme, der ich, wohl zurecht in vier kleine Löcher im Schalterpanel sprechend, meine Misere schildern konnte. Die Stimme erklärte, dass es etwa 20 Minuten dauern würde, bis der Reparaturdienst da sei. Ich erwähnte dann noch, dass ich zwei Eis dabei hätte, was der Stimme immerhin ein kurzes freundliches Lachen und die Worte entlockte: "Lassen Sie's sich schmecken!"

Gut, wenigstens war ich jetzt erstmal mit Eis essen beschäftigt - später würde meine Tochter den Verdacht äußern, ich hätte den Aufzug selbst sabotiert, um das Eis für mich zu haben, aber sooo gerne esse ich Vanilleeis dann doch wieder nicht. Allerdings bin ich ein ziemlich schneller Esser. Was also tun mit der Restzeit? Vielleicht wie Serienheld MacGyver die Aufzugtür mit einer Büroklammer selbst öffnen? Aber nie hat man eine Büroklammer dabei, wenn man sie mal braucht. Oder wie in einem "Mission: Impossible"-Film oben in der Aufzugdecke (He! Die könnte man auch mal wieder abwischen) eine Klappe aufschrauben, sich elegant durch die Öffnung schwingen und nach oben klettern? Eine Abdeckplatte gibt's da wirklich, aber ich scheitere schon beim testweisen Dreh-Versuch an einer Schraubenmutter, was gut ist, denn das erspart mir die Blamage bei einem hoffnungslosen Klimmzug-Versuch. Wie also die Wartezeit totschlagen? Ein Rundgang durch die Fahrtsuhl-Kabine ist schnell erledigt: Oh, eine Wand! Toll, noch eine Wand! Na sowas, eine Aufzugtür ... Und dann? Ob ich wohl den selben Hüftschwung hinbekomme wie Elvis? Und hoffentlich gibt's hier keine Kamera. Und warum - selbstverständlich hatte ich auch keine Armbanduhr an - sind 20 Minuten so verdammt lange? Hatten womöglich inzwischen die Reptiloiden die Weltherrschaft übernommen und mit außerirdischer Technik das Zeitgefüge verändert? Immerhin löste sich das Rätsel, warum mir die 20 Minuten so lange vorkamen: weil's 100 Minuten waren. Der Techniker, der mich schließlich rausgeholt hat, schilderte, dass in Saarbrücken kein durchkommen gewesen sei. Klar, die Nacht zuvor war ja diese nette Schneenacht gewesen, mit der Folge einer überschwemmten Stadtautobahn und der hoffnungslos verstopften Innenstadt. Wodurch sich dann endlich auch die Überschrift dieser Kolumne erklärt.

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