Schluss mit der Lethargie

So kann's gehen · Heute ist der Internationale Tag der Demokratie. Das dürfte kaum jemandem bekannt sein. Dabei kommt er in Saarbrücken doch wie gerufen, findet SZ-Mitarbeiter Brian-Timmy Erbe.

Egal ob Popcorn, Kinderfernsehen oder tierische Begleiter - kaum ein Aspekt des menschlichen Lebens wird nicht durch einen eigenen Tag geehrt. Kein Wunder also, dass mein Respekt vor jährlichen Aktions- oder Gedenkanlässen relativ gering ist. Ich kann mich einfach nicht dazu aufraffen, am Tag des deutschen Schlagers Florian Silbereisen und Helene Fischer die Ehre zu erweisen. Auch der Tag des Gartens löst angesichts des grau-gelben Ödlands vor der eigenen Haustür keine Jubelstimmung bei mir aus. Trotz allem kann ich die Spreu vom Weizen trennen und sehe den Tag der Demokratie als das, was er ist - eine Kampfansage an den inneren Schweinehund.
Desinteresse und Müßiggang scheinen nämlich die Demokratieaffinität der Saarländer im höchsten Maße zu beeinträchtigen. Obgleich schon eine Wahlbeteiligung von 61,6 Prozent bei den letzten Landtagswahlen zu wünschen übrig lässt, waren 47,5 Prozent Nichtwähler bei den Saarbrücker Kommunalwahlen 2014 ein noch deutlicheres Zeichen für Lethargie und Politikverdrossenheit. Eine kleine Ermahnung zur politischen Verantwortung kommt der saarländischen Hauptstadt daher meiner Meinung nach gerade recht. Denn wer an Wählern letztlich übrigbleibt, wenn die große Mehrheit aus Bequemlichkeit die Wahlurnen meidet, erlebe ich fast jeden Tag.

Als Pendler vernehme ich auf der Zugfahrt nach Saarbrücken immer öfter laute Willensbekundungen zur Protestwahl, um "Mutti Merkel" eine Lektion zu erteilen. Meistens kommen diese aus den Mündern von Menschen, die ihren Mangel an konstruktiver Kritik durch Dezibel kaschieren. Dass bei einem Wahlverhalten nach dem Motto "Hauptsache nur nicht..." kein Wert auf politische Programme und Zukunftsperspektiven gelegt wird, erklärt sich von selbst. Die eigene Stimme soll nur eine Drohgebärde sein und "die da oben" aufrütteln.

Ein Wahlerfolg aus Protest heraus kann also zu nichts anderem als absolutem Chaos führen - und damit zu dem Verlust an Stabilität, Wohlstand und der von Nichtwählern so geschätzten Bequemlichkeit. Zum Tag der Demokratie kann ich nur raten: Besser heute wählen als morgen leiden.

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