Eine Idee für Touristen Spinnweben und Klappe halten

Es gibt Katastrophen-Touristen. Diese schräge Spezies zieht es an makabere Orte. Für Theodor Fontane war Saarbrücken eine Katastrophe. Vielleicht fällt unseren Tourismukonzept-Entwicklern dazu ja im Fontane-Jahr 2020 etwas besonders Langweiliges ein.

 Martin Rolshausen

Martin Rolshausen

Foto: SZ/Robby Lorenz

Der arme Theodor! „Horrible Langeweile“ hat ihn in Saabrücken gequält. „Etwas Oedes und Tristes“ habe diese Stadt, ein Eindruck, der sich noch verstärke, wenn man gerade aus Metz kommt. Tja, wer zu früh kommt, den bestraft irgendwas. Und der gute Theodor Fontane ist knapp 150 Jahre zu früh gekommen. 1871 nämlich. Da war der Schriftsteller und Journalist in Saarbrücken, um sich an der Front des deutsch-französischen Kriegs umzusehen. Nach einem offenbar desaströsen Mittagessen („ein stummer Nachbar links, ein stummer Nachbar rechts“ wie er in seinen Reisereinnerungen vermerkte) eilte Fontane zum Bahnhof. Der Bahnhof und die Brücken seien eh das Beste in der Stadt, fand er.

Metz schafft es auch heute noch, Saarbrücken in Sachen Stadtentwicklung in den Schatten zu stellen. Aber mit dem Saarbrücker Bahnhof hatte Herr Fontane echt Glück. Der ist heute eher ein Grund, die Krise zu kriegen, bevor man die Stadt wirklich betreten hat. Und vielleicht ist es für Menschen, die heutzutage zum ersten Mal in die Stadt kommen, auch schwierig, ihrem Charme innerhalb weniger Stunden zu erliegen. Aber eins ist diese Stadt sicher schon eine ganze Weile nicht mehr: langweilig. Kultur, spannende Gastronomie, einige wirklich originelle Geschäfte, die Partyzonen – alles da, was wach hält.

Wobei wir Saarbrücker sicher in der Lage sind, für echte Fontane-Fans im kommenden Jahr zu dessen 200. Geburtstag ein „Horrible Langweile“-Touristen-Programm zu organisieren. So mit Spinnweben und Klappe halten im Restaurant. Nur ein Krieg vor den Toren der Stadt, das ginge zu weit.

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