Land und Bund ohne Riecher für Gefahr – aber Stadt muss bluten

Unsere Woche · Das Desaster mit der Fechinger Talbrücke und das Chaos auf den Umleitungen beweisen erneut: Es ist eine Schande, wie Bund und Land mit Saarbrücken umspringen. Dem Chaos hätte man vorbeugen können - schließlich war seit 2014 bekannt, dass diese Brücke nicht mehr lange hält.

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Foto: Robby Lorenz

Blick zurück: Der Bund baute Anfang der 60er Jahre für damals rekordverdächtige rund 70 Millionen D-Mark das letzte Stück der Autobahn A 6 - mit Grumbachtalbrücke, Bischmisheimer und Fechinger Talbrücke. Die drei gehören also zusammen. Wenn an einer Macken auftauchen, müsste man eigentlich alle drei unter die Lupe nehmen. Im Januar 2012 gab der Landesbetrieb für Straßenbau (LfS) bekannt, dass sich an der Grumbachtalbrücke ein "Stahllängsträger wahrscheinlich infolge kurzzeitiger Überlastung" verbogen hatte. Der Schaden wurde sofort neutralisiert. Ansonsten, so versicherte der LfS, sei aber alles in Butter. Im Februar 2013 erklärte der LfS, er werde die Grumbachtalbrücke für 12 Millionen sanieren - und eine Prüfung habe ergeben: Die Fechinger Talbrücke müsse verstärkt oder ersetzt werden. Im Dezember 2013 verkündete der LfS, dass in den Stahlträgern der Grumbachtalbrücke "kleinste Risse" entdeckt wurden. Die könne man nicht sanieren. Noch sei die Brücke nicht gefährdet - aber eine neue müsse her. Im Oktober 2014 gab der LfS auf SZ-Anfrage bekannt, dass sogar fünf Autobahnbrücken im Saarland abgerissen und neu gebaut werden müssen, darunter die Grumbachtalbrücke und die Fechinger Talbrücke. Spätestens im Oktober 2014 war also klar: Die Tage der Fechinger Brücke sind gezählt. Schon damals hätten Verkehrs- und Wirtschaftspolitiker - vor allem in der Landesregierung, aber auch beim Bund und in der Stadt - aufhorchen müssen und einen Notfallplan schmieden. Schließlich ist die Fechinger Talbrücke eine der vier Haupteinfallstraßen der Landeshauptstadt. Und diese Stadt muss unverhältnismäßig viel Verkehr verkraften. Denn sie hat eine Pendlerquote von 66 Prozent - so hoch wie Frankfurt. Rund 100 000 Menschen kommen täglich nach Saarbrücken zur Arbeit, nur etwa 20 000 Saarbrücker arbeiten außerhalb. Menschen aus dem ganzen Land verdienen in dieser Stadt ihr Geld - und zahlen ihre Steuern und Abgaben überwiegend woanders. Das ganze Land und der Bund profitieren also von Saarbrücken. Aber die städtischen Straßen, auf denen die Pendler an ihre Arbeitsplätze kommen, muss Saarbrücken fast ganz allein in Schuss halten. Und das gilt natürlich auch für alle städtischen Straßen, die jetzt als Umleitungen jede Menge Verkehr verkraften sollen, für den sie nicht gebaut wurden. Wer bezahlt die Reparatur? Ich schlage vor Bund und Land. Denn sie schulden uns allen etwas. Schließlich kam es jetzt nicht auf ihre Initiative heraus, dass diese Brücke eine Fehlkonstruktion ist, die schon "an ihrem eigenen Gewicht genug zu tragen hat" - wie es ein LfS-Sprecher formulierte. Nein. Diesen Horror-Fakt offenbarte eine Studie, die auf Bitte des Landesdenkmalamtes entstand.

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