Kolumne so kann’s gehen Abgehängt im weißen Gleißen

Der Straßenverkehr lehrt folgende Erfahrung: Weißer Lack und gewisse Embleme am Kühlergrill gehen offenbar mit der Neigung des Lenkrad-Halters einher, das vorausfahrende Gefährt ganz aus der Nähe zu inspizieren.

Kolumne über Fahrer, die zu anderen Wagen zu nahe kommen, und ihre Automarken
Foto: Ruth Rousselange

Automarken gibt es, gegen die hege ich Aversionen. Nicht, weil ich als Besitzerin eines solchen Wagens unliebsame Erfahrungen gemacht hätte. Nein, weil ich mit mir völlig unbekannten Fahrern gemeinter Wagen besagte Erfahrungen gemacht habe. Völlig genderungerecht wage ich es, die Fahrerinnen auszuschließen. Was ich durch meinen Rückspiegel beobachten konnte, machte zumeist einen maskulinen Eindruck.

Man nehme diese schweren Limousinen mit den verschränkten Ringen als Emblem.

Wird man einer solchen von sehr Weitem ansichtig, kann man sicher sein, binnen Kürze klebt sie an der Stoßstange. Besonders, wenn es sich um eine weiße handelt. Was die Farbe damit zu tun hat, verstehe ich nicht, doch vielfältige Sichtungen aus meinem rückwärtigen Fenster belegen die Koinzidenz von weißer Lackierung und obsessiver Nutzung des Gaspedals. Möchte der Fahrer damit sein Talent, möglichst dicht aufzufahren, unter Beweis stellen? Geht dann das gleiche Gepiepe wie beim Parken los? Mein Auto besitzt so eine Funktion nicht, daher meine Unwissenheit.

Autos haben ja auch Gesichter, nicht wahr? Ist ihnen aufgefallen, wie unfreundlich solche Wagen dreinschauen? Diese profane, breite Schnauze, die zu aggressiven Schlitzen verengten Scheinwerfer, als habe der Wagen ständig schlechte Laune. Ästhetisch betrachtet, ist das bedauerlich. Klebende Autos jedenfalls wecken meinen Unwillen und reizen mich, langsamer zu fahren. Was den Limousineninhalt zum Kochen bringt.

Bei der ersten Überholmöglichkeit rauscht sie mit Lichtgeschwindigkeit an mir vorbei und lässt ein weißes Gleißen zurück. Kürzlich klebte wieder was an meiner Stoßstange, weiß war es nicht. Staubig blau sah es aus, nach in die Jahre gekommenem Citroën-Kastenwagen. In dessen Fahrgastzelle erblickte ich eine verbissen steuernde Dame mit der Nase beinahe an der Windschutzscheibe. Man konnte sie aufrichtigen Herzens nicht mehr der Jugend zurechnen.

Verblüffend, ich dachte immer, mein Fahrstil sei wenigstens einigermaßen spritzig… Vielleicht sollte ich doch mal mein Konzept der mir unsympathischen Automarken überdenken…

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort