So kann’s gehen Von der Kunst des Müßiggangs

Bummeln Sie auch gerne? Dann teilen Sie mit vielen anderen die Kunst des Schlenderns und des Müßiggangs. Und folgen dabei Goethes Spuren, der wusste, wann es sich lohnt hart zu arbeiten oder nichts zu tun.

 Kommentarkopf, Foto: Robby Lorenz

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Gehen Sie auch so gerne bummeln? Dann sind Sie nicht allein: Fast jeder zweite Deutsche freut sich einer Umfrage zufolge nach dem Ende des Lockdowns darauf, sich in den Geschäften spontan umzuschauen und zu stöbern – endlich wieder bummeln.

Überhaupt: Was für ein  tolles Wort. Es hört sich einfach schön an, und das ist kein Zufall. Denn das Wort „Bummeln“ entstand in Anlehnung an das Bim-Bam-Bum des Glockenschlags, wie das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache erklärt. Anfang des 17. Jahrhunderts bezog man „bummeln“ dann auf die schwingende Glocke einer Kirche (hin und her schwanken, baumeln). In Norddeutschland meinte man  damit im 18. Jahrhundert schlendern oder nichts tun. Seit dem 19. Jahrhundert ist  der Bummel „ein erholsamer Spaziergang“ und der Bummler ein „umherschlendernder Müßiggänger“, auch  derjenige, der langsam und träge ist.  Seit etwa 1870 kennen wir den Schlachtenbummler, eine Person, die im ursprünglichen Sinne in den Krieg geht, um ihn als Berichterstatter oder aus Neugier oder Abenteuerlust mitzuerleben.

Längst ist aus dem Schlachtenbummler ein Fußballfan geworden, der seine Mannschaft zu Auswärtsspielen begleitet – womöglich in einem Bummelzug. Was mich an die Szene erinnert, als ich einen Schaffner fragte „Ist das ein Bummelzug?“ und der empört antwortete: „Die Deutsche Bahn hat keine Bummelzüge, nur Nahverkehrszüge.“ Das sehen viele Reisende allerdings völlig anders. Doch zurück zum Müßiggang. Nichtstun kann meiner Meinung nach manchmal viel Unheil verhindern, und viele große Gelehrte scheinen diese Erfahrung auch gemacht zu haben. Schließlich schrieb schon Goethe: „Mein Rat ist daher, nichts zu forcieren und alle unproduktiven Tage und Stunden lieber zu vertändeln und zu verschlafen, als in solchen Tagen etwas machen zu wollen, woran man später keine Freude hat.“ Recht hat er, der Dichterfürst. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Dann also viel Spaß beim Bummeln, aber verbummeln Sie sich nicht. Sonst heißt es am Ende noch über Sie: „Er tat nichts und dies mit großem Eifer“ (Walter Ludin, Schweizer Theologe und Schriftsteller).

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