Kalt die Schulter, weiß der Schnee

So kann's gehen · Reizvollen Bildern kann sich SZ-Mitarbeiterin Ruth Rousselange nicht entziehen.

Hingegossen liegt sie da, die bleiche Dame, auf einem Bett aus abgestorbenen Blättern und glitzerndem Schnee . Ihre weißen Schultern sind entblößt, der rechte Arm wie zur Kontemplation über die Stirn gebeugt, die zartblauen Augen blicken ins Weite. Kein Empfinden scheint die rothaarige Schöne dafür zu haben, dass ihre Liegestatt reichlich ungemütlich temperiert sein muss. Immerhin steckt sie brustabwärts in etwas, das einer taillierten, ausgedienten Steppdecke gleicht. Auch gemahnt es irgendwie an diese Schutzverpackungen, die sich oft um Glasware winden und so hübsch ploppen, wenn man auf die Noppen drückt. Was nur will uns dieses gefallene Schneewittchen mit dem ätherischen Flair und den schockroten Lippen verkaufen? Da sich um ihren Körper sonst nur ein nicht genau zu definierendes Strickgebilde schlingt, gehe ich davon aus, es handelt sich tatsächlich um besagte weiße Steppdecke, von der man unmöglich wissen kann, ob sie ein bizarres Winterkleid oder einen verrutschten Mantel darstellen soll. Einen kleinen Hinweis gibt die Werbung, ein Emblem schmückt sie, sonst quasi nichts, edelstes Understatement. Grelles und Krasses hat man hier nicht nötig. Drauf schaue ich mir die Homepage der Marke an. Diese Firma verkauft tatsächlich Steppmode, Jacken, Mäntel und mehr. Dass die einen ansprechen, kommt nicht von ungefähr, niemand anderes als die berühmte Annie Leibovitz fotografiert die PR-Kampagnen. Neugierig sehe ich nach, was das Zeug kostet und finde mich fast vom Schlag getroffen. Angeblich sind diese Outfits beliebt bei mittelständischem Nachwuchs. Echt, wie kann der sich das leisten? Ich müsste geschätzte anderthalb Jahre tippen, um mich auch nur in eins der Teile kleiden zu können. Wie auch immer, irgendwas Besonderes werden die Dinger wohl drauf haben, außer die Statur recht auffallend zu umhüllen. Womöglich sind sie mit einem Warnmechanismus ausgestattet. Der geht lautstark los, hat man sich im Winter aus Versehen zu lange auf Schnee gebettet. Dauert ja schließlich bis sich durch häufiges Tragen der Preis amortisiert hat. Da zur Unzeit erfrieren, das will doch keiner…

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