Über Influencer und Individualität Käsebrot geschmiert und gevloggt

Sein Privatleben per Video ins Internet zu stellen, kann heutzutage sogar ein Beruf sein. Leute, die das tun, heißen Influencer. Leute, die einem Influencer zusehen und sich dann die Sachen kaufen, die er präsentiert, tun das, weil sie möglichst individuell sein wollen. Klingt skurril? Ist es auch.

Über Influencer und Individualität: Käsebrot geschmiert und gevloggt
Foto: SZ/Robby Lorenz

Ab und an rasen zeitgeschichtlich bedeutsame Entwicklungen nur so an mir vorbei. Beispielsweise war mir neu, dass man Influencer werden kann. Beeinflusser also, eine Art Manipulator, nehme ich an. Dazu muss man bloß vloggen. Vloggen? Also, Videos von sich selbst ins Netz stellen, die einen beim Frühstück, beim Sport, beim Kochen, beim was weiß ich und beim Tragen von Brands zeigen. Nein, nicht von Marken, von Brands! Im Prinzip scheint es wohl gemeinhin um diese Brands zu gehen. Das können Elektroherde, Küchenmaschinen oder Kochlöffel sein. Oft aber sind es Klamotten, Turnschuhe, Sonnenbrillen, Halsketten.

Wieso man sich Typen beim Tragen von Klamotten vor Kulisse anschauen will? Oder dabei, wie sie sich frisieren, ein Brot schmieren und mit ihrer Katze reden? Keine Ahnung, hat sicher mit Individualität zu tun und mit Lifestyle. Wird so ein Video oft angeklickt, hat der Vlogger Follower. Je mehr Follower, desto besser. Für die Brands auf jeden Fall. Wahrscheinlich gefällt den Followern ja, was sie sehen. Löchrige Jeans, nonchalante Shirts, wie eben erst mühsam von Hand zusammengenäht, coole Hüte. Behagt das den Followern, wollen sie haben, was der Influencer trägt. Weil sie inspiriert sind und nun einen ganz eigenen Style entwickeln. Ach ja, so geht das mit der Individualität . . . Und weil sie einen Mehrwert für sich haben, behauptet ein professionell vloggender, jungscher Fitnesstrainer. Den Mehrwert hat vor allem er. Die Brands werden sicher nicht böse sein, wenn er sie verkauft. Dabei muss er natürlich stets kleine Happen Privatleben unter seine Follower streuen. Die mögen das, diesen Eindruck, mit ihm gemeinsam, ganz nah dran, durch den Tag zu vloggen. Der Fitness-Influencer spricht außerdem von Challenges, irgendwelchen Herausforderungen. Von Authentizität und Uploadfrequenzen. Weiß nicht, was er meint. Er produziere viel Content für seine Fans.

Will man hoffen, dass auch Inhalt drin ist, in den Videos. Ferner ist besagter Trainer bekannt für seine Pfannkuchen. Aha, also jemand, der Jeans trägt, sich gesund ernährt und größtmögliche Authentizität versprüht: Ach, wie ich mir manchmal Peter Lustig zurückwünsche . . .

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