In der Fliegen-Falle

Saarbrücken · SZ-Redakteurin Susanne Brenner kämpft einen scheinbar aussichtslosen Kampf.

Meinung:
In der Fliegen-Falle

Ich stecke in einem Dilemma. Ich gehöre zu den Menschen, die im Wortsinne keiner Fliege etwas zu Leide tun können. Jede Wespe wird aus dem Haus geleitet, jede Spinne vorsichtig im Glas gefangen, Stubenfliegen dürfen sich gern mal an der Wohnzimmerwand ausruhen. Sogar die Mäuschen, die sich in unseren Keller verirren, bekämpfe ich nur mit Ultraschall. Nie würde ich eine Mausefalle aufstellen. Es sind ja schließlich alles Mitgeschöpfe, die ein Recht auf ihr Leben haben.

Derzeit allerdings stößt meine Tierliebe an ihre Grenzen. Ich sage nur: Fruchtfliegen! Es ist mir ein Rätsel, wieso die in manchen Jahren wie eine biblische Plage über meine Küche herfallen. Das Obst liegt längst versteckt im Kühlschrank. Der Biomüll wird quasi stündlich entsorgt - es hilft nix. Die Viecher bleiben trotzdem. Und vermehren sich. In meiner Verzweiflung habe ich den Staubsauger im Dauereinsatz. Mit sehr schlechtem Gewissen sauge ich die kleinen Plagegeister von Fensterscheiben und Küchenwand. Und kaum habe ich mich rumgedreht, sitzen schon wieder ein paar neue da und drehen mir 'ne Fliegennase. Selbstverständlich steht auch längst eine Schale mit Essigwasser und Spülmittel bei uns - und es liegen auch immer wieder tote Essig- oder Taufliegen, wie die Fruchtfliegen ja auch heißen, darin. Das macht mir dann immer ein noch schlechteres Gewissen als der Staubsauger. So viele kleine Leichen. Irgendwie fies.

Zum Glück bin ich nicht die einzige, die zur Zerstörerin in der Küche werden muss. Eine Freundin jagt die kleinen Plagegeister mit feuchtem Küchenpapier. Andere schwören auf Fallen aus dem Drogeriemarkt. Eine originelle Kollegin kredenzt ihren Fruchtfliegen sogar Zweigelt, einen österreichischen Rotwein. Darin würden sie besonders begeistert ertrinken. Wohin ich schaue: rohe Gewalt. Mit Verhandlungen läuft da nix.

Jetzt habe ich auch noch den Fehler gemacht, im Internet nachzulesen. Und habe nicht nur ein paar Hundert weitere Tipps, wie man Fruchtfliegen um die Ecke bringen kann. Ich habe leider auch gelesen, dass sie überhaupt nicht schädlich sind. Über ihre Riechfähigkeiten und ihren faszinierend unbeirrten Einsatz zur Erhaltung der Art. Nun habe ich erst Recht ein Dilemma. Wie kann man jemanden killen, den man sozusagen näher kennt? Ich fürchte, mir kann nur noch Mutter Natur helfen. Die ist nicht so zartbesaitet wie ich. Die schickt bestimmt die ultimative Fliegenfalle. Ich sage nur: Nachtfrost.

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