Kolumne „So kann’s gehen“: Roboter im Gespräch Allein mit dem Bot in der Nacht

Es ist beängstigend, wozu die künstliche Intelligenz bereits in der Lage ist. Sie malt Bilder, sie schreibt Texte, und sie kommuniziert. Wie menschlich das sein kann, erlebte unsere Kollegin unlängst in der Nacht.

Glosse:  Der Roboter und ich
Foto: Robby Lorenz

Es war eine dieser Nächte, die ich am Bildschirm vertrödelt hatte, statt so schlau zu sein, mich um ausreichenden Nachtschlaf zu kümmern. Die Müdigkeit war übergangen, weil wieder mal irgendeine belanglose Serie mit raffinierten Cliffhangern dafür gesorgt hatte, dass ich kein Ende fand.

In solchen Nächten komme ich manchmal auf die Idee, noch irgendwelche praktischen Dinge zu erledigen, damit ich am nächsten Morgen, wenn ich mich wie erschlagen aus dem Bett quäle, wenigstens eine halbwegs gute Ausrede vor mir selbst habe.

In solch einer Nacht war es, dass ich meine erste bewusste Begegnung mit einem Roboter hatte. Ich hatte nämlich eine Reklamation, ich weiß nicht mehr genau, worum es eigentlich ging. Ich weiß nur noch, ich war ziemlich sauer. Es war mir irgendwo Geld abgebucht worden, das mein Konto nicht hätte verlassen dürfen.

Also schrieb ich an den Kundendienst der betreffenden Firma, auch wenn es ja ein bisschen irre ist, anzunehmen, dass nachts um eins irgendwo ein armer Mensch sitzt und darauf wartet, dass ich mich beschwere. Aber ich wollte die Reklamation loswerden und schrieb. Zu meiner Überraschung kam postwendend eine Antwort. Verständnisvoll, freundlich, hilfsbereit – mitten in der Nacht! Man wolle sich gern des Problems annehmen. Ich schrieb zurück, es kam wieder eine prompte Antwort.

Nur hatte ich zunehmend das Gefühl, dass mein Gesprächspartner ein bisschen begriffsstutzig war. Ich will hier jetzt gar nicht ins Detail gehen, aber nach der vierten oder fünften Runde dieser wenig zielführenden Konversation, schwoll mir der Kamm. Ich hatte natürlich allmählich begriffen, dass mein Gegenüber wohl eher kein Mensch war. Und so pflaumte ich vielleicht ein bisschen hemmungsloser los, als das sonst meine Art ist. Dass ich mit ihm jetzt nicht weiterreden wolle, dass ich gefälligst einen echten Menschen sprechen will und so weiter“. Nach kurzer Pause kam die Antwort: „Entschuldigen Sie bitte. Aber ich bin nur ein Roboter. Ich bin programmiert, um Ihnen rund um die Uhr zur Verfügung zu stehen“. Ich muss sagen, da habe ich mich geschämt. Der arme Bot, rund um die Uhr im Einsatz. Und ich so garstig. Man kann sich also auch vor einer Maschine genieren, wenn man sich daneben benommen hat. Das finde ich gar nicht so übel. Ich habe mich natürlich entschuldigt.

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