Kolumne So kann’s gehen Schönes für den Schussel

Ich hätte es wissen müssen – nach 36 Jahren und drei Dutzend Heiligabenden. Mir hätte klar sein müssen, dass ich mit diesem Satz bei meiner Frau keine Chance haben würde: „Ich wünsche mir nichts.“ Das Funkeln in den Augen der Dortmunderin, seit jeher untrügliches Zeichen westfälischer Entschlossenheit, verriet mir schon, dass die vier Worte null Eindruck hinterließen.

Frank Kohler bekommt an Weihnachten Ersatz für schmerzlich Vermisstes
Foto: SZ/Robby Lorenz

Erst recht nach meinem Geständnis, dass mir mein Armband abhanden gekommen war. Wo? Keine Ahnung. Wann? Womöglich Mitte November beim Warten, während unser Wagen in der Werkstatt stand. Ich musste ja unbedingt in der Zwischenzeit einen mehrstündigen Spaziergang durch Saarlouis machen. Wollte partout durch Straßen schlendern, die mir unbekannt waren, und auf wiederum anderen Wegen zum Ausgangspunkt zurückkehren. Während ich so meinen Gedanken nachhing und die Sohlen schwang, muss es dann passiert sein. Bis heute ist mir unerfindlich, wie ich das Stück Silber von meiner Linken verlieren konnte, ohne das sogleich zu bemerken. Meiner Frau ist es als Verschenk-Profi wiederum gelungen, mich bis zum Heiligabend über meine Weihnachtsgabe im Unklaren zu lassen. Erst als ich das quadratische Kästchen entdeckte und beim behutsamen Schütteln das schmucktypische Rasseln hörte, wusste ich, dass Ersatz für das verlorene Band gefunden war. Seitdem ist ein Vorsatz fest gefasst: Beim nächsten flotten Marsch auf unbekanntem Terrain bleibt dieses gute Stück zuhause. Und sollte ich es dennoch verloren gehen, verkneife ich mir  ganz bestimmt den Satz, keinen Ersatz zu wollen. Denn auch Schussel wie ich mögen Schönes.

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