Kommentar zur Umbenennung von Straßen in Saarbrücken Respekt vor der Arbeit des Bezirksrats Mitte

Saarbrücken · Die Kommission des Bezirksrats Mitte zur Bewertung von Straßennamen verdient Respekt.

Es ist gut, dass in Saarbrücken Straßen umbenannt werden.
Foto: Robby Lorenz

Die Vergangenheit muss kontrolliert werden. Denn wer die Vergangenheit im Griff hat, der bestimmt auch die Gegenwart und womöglich sogar die Zukuft. Deshalb wird in einem Wahrheits-Ministerium festgelegt, was gerade richtig und falsch ist. Und dann wird die Vergangenheit so angepasst und manipuliert, dass sie zur Linie der übermächtigen Partei passt. Menschen, die in Ungnade gefallen sind, werden aus Fotografien wegretuschiert und in den Archiven eliminiert. Wer nicht zur aktuellen Wahrheit passt, den hat es nie gegeben. So beschreibt George Orwell in seinem Roman „1984“ die Arbeit der Gedankenkontrolleure.

Unheimlich, ja. Aber auch wenn einige versuchen, so ein Bild zu zeichnen: Mit dem, was die Mitglieder der Kommission des Bezirksrats Mitte in Sachen Straßennamen-Bewertungen geleistet haben, hat das nichts zu tun. Die Kommission arbeitet nämlich transparent. Sie tilgt niemanden aus der Geschichte. Im Gegenteil: Sie stößt mit ihrem Abschlussbericht, den jeder einsehen kann, weil die Stadt ihn ins Internet gestellt hat, eine Diskussion über die Geschichte an. In den meisten problematischen Fällen sollen Erklärungen am Schild zur Auseinandersetzung mit der Vergangenheit anregen. Nur in wenigen Fällen empfiehlt sie eine Umbenennung von Straßen und begründet das fachlich und sachlich.

Klar, es ist ärgerlich und nervig und kostet womöglich Geld, wenn man plötzlich eine neue Adresse hat, ohne umgezogen zu sein. Aber da hat die Stadt Gesprächsbereitschaft und Hilfe angekündigt. Was die Kommission geleistet hat, verdient Respekt. Auch deshalb, weil diese Arbeit ein Bewusstein schärft, das verhindern kann, dass wirklich eine Diktatur entsteht, in der ein Wahrheits-Ministerium wütet.

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