Ein Sofa für den frierenden Griechen

So kann's gehen · SZ-Mitarbeiterin Traudl Brenner hat Mitleid mit Telemach.

Der Saarbrücker Telemach kann einem wirklich Leid tun. Da steht der arme kleine Grieche nun schon fast 40 Jahre - also lange vor der Griechenland-Krise - am Ende der Eisenbahnstraße, an der Trillertreppe. Splitternackt ist er, bis auf den Helm. Vergeblich versucht er seither, den Pickel an seiner Hüfte rauszudrücken. Und sein Pimmelchen hat ihm auch jemand geklaut. Was wird der arme Kerl schon gefroren haben! Und weil er ja immer nur auf einem Bein steht, müssen ihm ja auch alle Knochen weh tun, die sich unterm Marmor verbergen. Also - das Kerlchen verdient Mitleid. Und das hatte nun jemand. Und ein warmes Herz. Und ein weiches Sofa übrig. Das hat er/sie dem armen, nackten Saarbrücker Göttersöhnchen am Wochenende vor die Füße gestellt. Jedenfalls war da am Montag ein schönes großes weiches Sofa vorm Telemach. Da hätte der glatt draufgepasst. Das wird ihm gefallen haben - mal nicht stehen. Mal weich liegen. Göttlich.Aber es war dem Sohn des Odysseus nicht gegönnt: Am Montagmittag war das Sofa schon wieder weg. Jemand anders wollte auch weich liegen. Und jetzt steht unser kleiner Gott wieder so da rum.

Überhaupt - wie kommt der denn nach Saarbrücken? Ich hab mal gegoogelt und entdeckt, dass im 19. Jahrhundert der Ehrenbürger Emil Haldy für den Vorplatz des St. Johanner Rathauses einen Brunnen eben mit unserem Telemach gestiftet hat. Der Bildhauer Ludwig Cauer hat das Ganze gemacht - nur: Der kleine Telemach war den braven Saarbrückern zu nackig.

Und so kam er in die Versenkung. Nach dem Krieg ist er wieder aufgetaucht, durfte in den Schlossgarten - und 1976 an die Trillertreppe. Und seither friert er hier.

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