Die Bären sind unter uns

Saarbrücken für Fortgeschrittene · Würde sich jemand die Mühe machen, Ahnenforschung bei mir zu betreiben, ich bin überzeugt, in meinem Stammbaum fände er einen Bären . Und das nicht etwa, weil ich anderen gern einen solchen aufbinde.

Nein, ich bin sicher, dass ich Bären-Gene in mir trage. Denn ich mache offensichtlich Winterschlaf. Wenn ich frei wählen dürfte, wie ich derzeit leben will, ich käme vollkommen mit der Strecke zwischen Bett und Sofa aus. Rumdösen, lesen, einen kleinen zusätzlichen Winterspeck anfuttern und vor allem: viel schlafen. Deshalb ist die Zeit zwischen den Jahren meine Lieblingszeit, weil da Schulferien sind und - wenn alle Geschenke verteilt sind - auch sonst niemand was von mir will.

Dummerweise gibt es aber den Januar. Und mit dem beginnt meine Leidenszeit. Während mein Körper und mein Verstand sich nach einer kuscheligen Höhle sehnen, muss ich mich mitten in der Nacht aus dem Bett quälen, weil die Schule beharrlich darauf besteht, dass um acht Uhr der Unterricht beginnt - egal, ob die Kinder geistig anwesend sind oder nicht. Leider kann ich mich auch nicht wieder verkriechen, wenn das arme Kind weg ist. Da hat mein Arbeitgeber was dagegen. Er besteht leider auf körperlicher Anwesenheit, wenn ich meine Gehaltsüberweisung möchte.

Zum Glück merkt aber kaum jemand, wenn in diesen Tagen mein Gehirn öfter mal gemütlich zuhause im Bett liegt, während ich in der Redaktion so tue, als sei ich da. Das liegt vor allem daran, dass ich nicht die einzige bin mit Bären-Genen. Im Januar haben viele einen verlangsamten Stoffwechsel . Egal, mit wem ich in diesen Tagen rede, ich schaue in gähnende Gesichter. Auch auf den Straßen muss man höllisch aufpassen, weil Bären schrecklich schlecht Auto fahren. Und während ich hier tapfer die Zeilen fülle, hat sich auch mal wieder die Sonne für ihren alljährlichen Schönheitsschlaf unter eine kuschelige Wolkendecke verzogen. Die Natur predigt es uns von alters her: Im Winter soll nicht nur die Vegetation ruhen. Ich stimme ihr da von Herzen zu. Aber auf uns hört ja keiner . . .

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