Über politische Kultur Politische Kultur neu denken

Plötzlich – das Wundenlecken nach den Wahlen  ist noch gar nicht vorbei – kommen Landes- und Kommunalpolitiker mit Ideen aus der Hecke, die seit Jahren niemand laut zu formulieren wagte. Zwei Themen dominieren dabei.

Debatte über Bürgermeister-Direktwahlen und Bürgermeister-Amtszeiten
Foto: SZ/Robby Lorenz

Punkt eins: Ist die Amtszeit der saarländischen Rathauschefs, derzeit auf zehn Jahre festgelegt, womöglich zu lang? Punkt zwei: Ist es wirklich der demokratischen Weisheit letzter Schluss, dass der Souverän, das Volk also, Bürgermeister, Oberbürgermeister, Landräte direkt wählt?

Der Souverän, das hat sich am Pfingstsonntag gezeigt, stapft nicht immer begeistert zur Wahlurne. Die Wahlbeteiligung bei den Bürgermeister-Stichwahlen war mancherorts sehr niedrig. Und das, argumentieren die Direktwahl-Zweifler, bedeute für die Wahlsieger letztlich nur Minderheiten-Zustimmung. Ob es da nicht besser wäre, wenn man die Rathauschefs wieder, wie in alten Zeiten, von den Räten wählen lasse? Dann seien, wenngleich indirekt, immerhin Mehrheiten gesichert – auch fürs spätere kommunale Regieren. Wäre das nicht ein Mehr an politischer Kultur?

Das klingt verlockend. Aber es vereinfacht.  Politische Kultur ist nicht mehr, was sie mal war. Parteien und Institutionen haben an Bedeutung verloren.  Engagement, leidenschaftlich wie je, hat neue Bindungen gefunden. Auf der Straße artikulieren vorwiegend junge Leute Woche um Woche ihre Forderungen in Sachen Klimapolitik. Neue, freie Gruppierungen treten auf den Plan. Und dann ist da das Internet, bei vielen Themen mittlerweile Debatten-Ort Nummer eins. Mit spezifischen Umgangsweisen, die allmählich einwandern in die nicht-digitale Welt. Auch in den Kommunen – ruppige  Wahlkampf-Töne zeugen davon.

Gerade auf lokaler Ebene gilt es, neu zu bestimmen, was politische Kultur ist und sein soll. Vernetzt. Für alle Generationen. Schlichtes Geradeaus-Denken, das  war gestern.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort