Kommentar Das Viertel ist nicht der Ballermann

Es sind nicht die lauten Sätze, die Forderungen nach Ruhe unter den Schlafzimmerfenstern, zumindest ab ein Uhr in der Nacht. Es sind nicht die drohenden Sätze, in denen von Klagen und Polizeieinsatz die Rede ist.

Kommentar: Das Viertel ist nicht der Ballermann
Foto: SZ/Robby Lorenz

Es sind die leisen Sätze, die darauf hinweisen, dass das Nauwieser Viertel dabei ist, seinen Charme zu verspielen.

„Das war mein Viertel“ ist so ein leiser Satz einer verzweifelten älteren Dame. Sie wisse doch, dass sie mitten in der Stadt wohnt und es gerade im Viertel nachts immer lauter war als anderswo. Das sei ja auch in Ordnung. Sie beobachte aber eine „zunehmende Verrohung, Rücksichtlosigkeit und Gleichgültigkeit“. Jemand aus einer Kneipe habe ihr gesagt, dass sie doch die Asoziale sei, weil sie das soziale Leben störe durch ihre Beschwerden. Dabei will sie doch nur, dass nicht jedes Wochenende bis in die Morgenstunden auf der Straße gesungen und gesoffen wird, als würde eine Ballermann-Party gefeiert.

Dass das Viertel nicht zum Ballermann, nicht zur „Wir besaufen uns, bis wirklich nichts mehr geht“-Partyzone verkommt, sollte nicht nur im Interesse der Bewohner sein. Das sollte auch das Interesse der Wirte sein, das der Stadtverwaltung sowieso. Deshalb ist es gut, dass Bürgermeister Ralf Latz nun die Initiative ergreift.

Es wäre wundervoll, wenn er es schafft, dass Stadtverwaltung, Wirte und Anwohner gemeinsam das Signal aussenden: „Im Viertel kann man prima feiern und gut wohnen. Damit beides zusammenpasst, gibt es Grenzen.“ Und es wäre ebenso wundervoll, wenn Wirte und ihr Personal nachts um eins gemeinsam mit Anwohnern auf der Straße stehen und den Feiernden sagen: „Jetzt ist es gut. Seid nette Menschen, und lasst die anderen netten Menschen jetzt schlafen.“

Polizeieinsätze und Gerichtsentscheidungen werden dem Viertel nämlich nicht guttun.

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