Als ich Sommer hassen lernte

Saarbrücken · Der Winter kommt und mit ihm wird es für viele Insekten Zeit zu sterben. Auf einige kann SZ-Mitarbeiter Brian Erbe verzichten.

Die Vorstellung von spitzen Dingen, die meine Haut durchbohren, behagt mir nicht. Tatsächlich ist mein Kreislauf durch solche Konfrontationen schon häufiger kollabiert. Kein Wunder also, dass ich Bienen so sehr hasse. Mich tröstet immerhin der Gedanke, dass sie nur in Not und unter Einsatz des eigenen Lebens stechen. Das kann man von Wespen nicht behaupten.
Diese summende Höllenbrut verfolgte mich im Sommer quer durch die Stadt. Vor allem an vielen Bushaltestellen schien mir der Mülleimer belebter als jedes Wespennest zu sein. Immerhin sorgten die Hetzjagden während meiner Wartezeit auf den nächsten Bus für körperliche Ertüchtigung. Natürlich in der prallen Sonne. Bei meiner Haut konnte ich mir des Sonnenbrands gewiss sein.

Nun jedoch neigt sich die Ära der Wespen ihrem Ende entgegen. Den nahenden Kälteeinbruch werden nur die Jungköniginnen überleben. Und erst im nächsten Sommer wird der schwarz-gelbe Alptraum weitergehen. Mitleid haben die Stachelträger von mir nicht zu erwarten. Schließlich haben sie mich erbarmungslos gepiesackt. Doch dunkle Wolken drohen am herbstlichen Horizont: Die Zeit der Grippewellen steht wieder an. Im Jahreszyklus scheinen sich Impfnadel und Insektenstachel abzulösen, um meinem gebeutelten Kreislauf keinen Moment der Ruhe zu gönnen.

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