Alle verlassen mich

Mein Leben trudelt gerade in ein bodenloses Chaos. All meine Sicherheiten: Sie sind dahin. Es fing damit an, dass ich nichts Böses ahnend beim Coiffeur meines Vertrauens saß - und meine Friseurin, die Frau, die mir seit Jahren die Haare genau so macht, wie ich sie haben will, mir mitteilte, dass der Laden schließen muss und sie selbst nicht mehr in Saarbrücken arbeiten wird. Wenn Sie eine Frau sind, werden Sie verstehen, was das mit mir macht. Einen Friseur zu finden, dem man vorbehaltlos sein Haupthaar anvertraut, ist für jede Frau ähnlich bedeutsam, wie die Suche nach dem Mann fürs Leben. Ich fühle mich seither irgendwie heimatlos. Und habe das Gefühl, meine Haare beeilen sich jetzt besonders damit, in die falsche Richtung zu wachsen.

Aber damit nicht genug: Gestern wollte ich meinen Hausarzt anrufen. Den Mann, dem ich seit einer gefühlten Ewigkeit mein Leben und meine Wehwehchen anvertraue. "Herr Dr. XY hört zum Monatsende auf", erklärte mir da völlig unvermittelt die nüchterne Stimme einer fremden Sprechstundenhilfe. Mein Doktor lässt mich also auch im Stich. Der Mensch, der mich gut genug kennt, um zu wissen, dass ich manchmal so tue, als wäre alles in Ordnung, auch wenn es das nicht ist. Der Mensch, der mich nur beruhigend anschauen muss, und sagen: Ist nichts Schlimmes - und schon bin ich wieder gesund, obwohl ich zuvor noch mit einem Auge ins Grab geschielt habe. Sie verstehen vielleicht, was ich meine.

Allmählich bekomme ich Angst. Alle verlassen mich. Das ist die reinste Serie. Und eine Serie, das wissen wir ja alle, das sind immer drei. Ich glaube, ich sollte heute Abend mal ein ernstes Gespräch mit meinem Mann führen ...

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