Blickwinkel korrigiert Alte Schlacht – für uns nur Quatsch?

Blutige Historie – für Heutige mal etwas anders interpretiert.

 Jörg Laskowski

Jörg Laskowski

Foto: SZ/Robby Lorenz

Okay, jetzt wissen wir’s: 1. Die Schlacht bei Spichern jährte sich am Freitag zum 150. Mal. Und 2. Die saarländische Heldin Schultze Kathrin hat ausschließlich preußischen Soldaten geholfen. So weit, so gut. Aber müssen wir Heutigen uns das merken oder darüber nachdenken? Ist das nicht Quatsch in einer Zeit, wo die deutsch-französische Freundschaft so selbstverständlich ist wie der Wein aus Bordeaux im Supermarktregal. Ja, doch! Da bietet sich was an: Wie wäre es, wenn wir uns davon verabschieden, dass die Preußen die Schlacht gewonnen haben? Wagen wir es doch mal und interpretieren die Schlacht neu, zeitgemäß, aus dem Blickwinkel der selbstverständlichen deutsch-französischen Freundschaft. Wer hat denn in dieser Schlacht etwas verloren? Nur diejenigen, die sterben mussten. Sie haben ihr Leben verloren. Und es waren eben sehr viel mehr preußische Soldaten, die ihr Leben verloren. Und sehr viel mehr Preußen, die verwundet wurden – und dann eben später daran sterben mussten oder Kriegskrüppel blieben. So gesehen, haben die Preußen diese Schlacht verloren. Ganz klar. Und wenn Schultze Kathrin – wie jetzt angeblich entdeckt – ausschließlich preußischen Verwundeten helfen konnte. Warum ist sie dann als Heldin plötzlich weniger wert? Versprengte im Hinterhalt und Querschläger hin oder her. Sie ging los, um zu helfen. Sie riskierte selbstlos Kopf und Kragen  – und zwar für die Verlierer dieser Schlacht. Und wenn sie einen französischen Verwundeten, also einen französischen Verlierer dieser Schlacht, gefunden hätte, dann wäre sie bestimmt nicht einfach weitergegangen. Also gilt für Schultze Kathrin nach wie vor uneingeschränkt: Helm ab mit Respekt! Ob dasselbe für die preußische Generalität gilt, kann jeder Heutige für sich selbst entscheiden. Im Ersten Weltkrieg predigten die Preußen noch: „Jeder Stoß ein Franzos.“ Und da fragen wir Heutigen uns: Warum haben wir in Saarbrücken einen großen Platz, der nach einer preußischen Militäreinheit benannt ist – nach der Landwehr. Diese Einheit haben die Preußen zu Beginn der „Freiheitskriege“ eingeführt, also zu jener Zeit, als es für Preußen darum ging, die französische Vorherrschaft in Europa zu brechen. Aber wozu brauchen wir heute die Landwehr – wo die deutsch-französische Freundschaft für uns so selbstverständlich ist wie ein Viertel Rosé beim Woll auf den Spicherer Höhen? Können wir diesen Platz nicht nach einem Menschen benennen, der für unsere Demokratie oder für die Aussöhnung mit Frankreich gekämpft hat? Wie wär’s mit Willi Graf.

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