Mundartpflege Wie Freude am Platt eine Freundschaft lebendig hält

Auersmacher/Saargemünd · „So schwätze mir“: Männer und Frauen aus Auersmacher und Saargemünd treffen sich seit 15 Jahren zur Mundart-Pflege. Mit Rudi Pfeiffer fing alles an.

Ja, die Mundart. Günter Werners Augen leuchten, sobald er von ihrem Wert, ihrer Kraft erzählt. Er weiß noch gut, wie die Frauen sich früher morgens auf Auersmacher Platt an der Milchsammelstelle und in den kleinen Geschäften unterhielten. Er stand, als Bub an der Seite seiner Mutter, mittendrin. Werners Frau Ursula erinnert sich, dass sie, die Saarbrückerin, die Mundart-Unterschiede deutlich erlebte. Sprach doch die Schwiegermutter im Bauerndorf an der Oberen Saar so ganz anders als die Menschen in der Stadt. „Das fiel mir natürlich sofort auf, als ich in die Familie kam.“ Ursula Werner ist in Auersmacher heimisch geworden. In der Art, „wie mir schwätze“, steckt für sie ein Stück Lebensqualität. Die Werners hüten die Mundart wie ein kostbares Erbe. Sie betrachten ihre Sprache als etwas, das seinen Wert nur behält, wenn es immer in Gebrauch ist. Auf beiden Seiten der Grenze. Denn nur so dürften Worte wie „hälings“ für heimlich, „jaunere“ für jammern  oder „gourmangisch“ für unersättlich in dem einen oder anderen Oberstübchen abrufbar bleiben. Nicht zuletzt dafür gibt es seit 15 Jahren einen deutsch-französischen Freundeskreis, in dem die beiden Werners mitmachen.

Etwa 70 Frauen und Männer, etwa ein Drittel davon aus Saargemünd, blickten bei einem großen Fest im Auersmacher  Seniorenzentrum auf das Erreichte zurück. Bis zu den Anfängen und den Menschen, die damit untrennbar verbunden sind. Der inzwischen verstorbene, aber unvergessene Rudi Pfeiffer hatte 2002 die Idee zur grenzenlosen Mundartpflege und wandte sich an Hélène Nicklaus vom Saargemünder Atelier du Platt et Culture Locale.

Pfeiffers Faible für die Nachbarregion verwundert keinen, der die tiefen familiären Wurzeln in Lothringen kennt. Außerdem lag die Mundart-Partnerschaft nahe, weil das Auersmacher und das Saargemünder Platt sich stark ähneln, sagt Günter Werner. Er führt Rudi Pfeiffers Arbeit gern weiter und hat die Liste gemeinsamer Aktivitäten in den vergangenen Jahren deutlich verlängert. Auf der anderen Saarseite trat Bernadette Nicklaus als Vorsitzende des Atelier du Platt in die Fußstapfen ihrer Mutter. Und auch sie hält den Mundart-Freundeskreis in Schwung.

Es gab Fahrten nach Trier, Straßburg, Schengen und Mundartpflege an Ort und Stelle, etwa bei Treffen im Auersmacher Turnerheim oder in Saargemünd. Die große Bilderschau beim Jubiläumstreffen erinnerte mit fast 200 Aufnahmen daran.

Zwei Monate Arbeit hatten die Werners und die anderen Mundartfans in die Vorbereitung des Treffens gesteckt. Mit Erfolg. Bei der Feier hatten sich Deutsche und Franzosen viel zu sagen. Das Lachen kam auch nicht zu kurz, etwa bei Berta Jagers Vortrag über das Vielzweckwörtchen „ebbes“. Das Mundartquiz stellte selbst Platt-Experten auf diverse harte Proben. Gäste aus anderen Teilen der Bundesrepublik mussten beim Wort „Bellebaam“ passen. „Bellebaam“? „Das ist die Pappel“, sagte Günter Werner, um noch eine weitere harte Nuss zu servieren: die „Schnua“. Ein Seil vielleicht? Nicht unbedingt. In der Grenzregion an der Oberen Saar könne damit auch die Schwiegertochter gemeint sein, sagt Werner.

Ein Streit über die einzig wahre Übersetzung sollte beim Quiz zum Jubiläum ohnehin nicht entbrennen, war doch der Rechtsweg ausgeschlossen. Und auf Platt stand da: „Vor de Kadi zerre geht nit.“

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