Vorm Jubel gibt's was auf die GabelSaarbrücker Ghana-Fan kickt an der Elversberger Kaiserlinde

Auersmacher. In den Städten treffen sich Tausende vor Riesenbildschirmen zum Fußballgucken. In den Dörfern füllen sich die Kneipen oder zum WM-Gucken hergerichtete Räume, wo die Spiele auf Leinwänden oder großen Fernsehern laufen. Und in Auersmacher gibt es ein kulinarisches WM-Studio

Auersmacher. In den Städten treffen sich Tausende vor Riesenbildschirmen zum Fußballgucken. In den Dörfern füllen sich die Kneipen oder zum WM-Gucken hergerichtete Räume, wo die Spiele auf Leinwänden oder großen Fernsehern laufen. Und in Auersmacher gibt es ein kulinarisches WM-Studio. Bei Michael Eickhoff treffen sich bis zu zehn Fußball-Fans mit ihren Familien seit zwölf Jahren zu Europa- und Weltmeisterschaften. "Zu jedem Deutschland-Spiel bereiten wir Spezialitäten aus der Heimat unserer Gegner zu. Gegen Australien gab es Straußenspieße vom Grill, gegen Serbien serbisches Reisfleisch", sagt Markus Gola aus dem kulinarischen WM-Studio. Für heute Abend stand gegen Ghana ursprünglich die afrikanische Spezialität Roter Reis auf dem Menüplan. Doch Gastgeber Eickhoff ist skeptisch. "Nach dem serbischen Reisfleisch haben wir 0:1 verloren. Und jetzt soll es wieder Reis geben? Ich bin dagegen", sagt Eickhoff. André Hemmer und Marco Winter plädieren für afrikanisches Grillgut. Alexander Lang denkt über die ghanaische Spezialität Bohnen-Fisch-Eintopf nach. Für Markus Daniels ist das Essen nebensächlich. Und abergläubisch ist er schon gar nicht. "Wir kommen ins Achtelfinale. Daran ändern kein Schiedsrichter, kein Boateng und schon gar kein Roter Reis etwas", sagt Daniels. Er vermisst eher die Qualität auf den Plätzen. Nicht nur er: "Ich finde WM fußballerisch nicht berauschend. Das war schon besser. Aber vielleicht geht der große Sport ja erst ab dem Achtelfinale los", sagt Nils Gola. Und sollte im Achtelfinale England warten, gibt es mit Sicherheit Fisch und Chips im Auersmacher WM-Studio. Gegen Argentinien im Viertelfinale gibt's argentinische Rindersteaks, und danach ist der Speiseplan noch völlig hoffen. "Ich befürchte, danach gibt's Pizza oder Nudeln, wie 2006 bei der WM in Deutschland. Aber diesmal sind die Italiener reif. Vielleicht bestellen wir auch nach dem Sieg über Italien beim Pizza-Service", sagt Michael Eickhoff mit einem Augenzwinkern. Einigkeit herrscht im kulinarischen WM-Studio, dass die deutsche Nationalmannschaft die K.o.-Spiele erreicht und dort so manche Fußball-Größe in die Schranken weisen wird. Was gegen Ghana heute Abend gebrutzelt wird, ist aber noch völlig offen. Saarbrücken/Elversberg. Im Hause Kyereh hält Mutter Florence bei der Fußball-WM zu Deutschland. Weil Vater Augustien und Sohn Frederick auf Ghana setzen. "Meine Mutter hätte auch auf Ghana gesetzt, aber dann wäre in der Familie das Verhältnis null zu drei, und das fand sie nicht richtig", erzählt Frederick. Wir treffen den 16-Jährigen während einer Turnierpause im Elversberger Stadion Kaiserlinde. Er setzt sich in seinem weißen SVE-Trikot mit der Nummer 7 zu uns auf die Zuschauerränge. Seit zwei Jahren stürmt Freddy, wie ihn alle nennen, für die Sportvereinigung. In der neuen Saison rückt er in die A-Jugend auf. Frederick ist in der Saarbrücker Caritas-Klinik zur Welt gekommen. Mit sieben begann er bei der DJK Rastpfuhl mit dem Kicken. Auf dem Rastpfuhl wohnt er auch mit seinen Eltern, die vor annähernd dreißig Jahren aus Ghana nach Deutschland kamen. "Klar hab' ich noch eine enge Bindung an Ghana", sagt Freddy. "Vor zwei Jahren war ich zuletzt dort." In Berekum leben noch Großeltern, Onkel und Tanten. Berekum hat gut 40 000 Einwohner und ist zirka 40 Kilometer von Sunyani, der Hauptstadt der Region, und zirka 400 Kilometer von der Hauptstadt Accra am Atlantik entfernt. "In Deutschland ist Fußball irgendwie disziplinierter, organisierter", meint Freddy, in Ghana spielten sie immer und überall und mit viel Freude: "Fußball ist Sport Nummer eins." Und das Lebensgefühl in Ghana? "Vielleicht mehr Freiheit, aber man muss auch mehr für sich sorgen." Frederick ist Deutscher, spricht Saarländisch und beherrscht Kwi, die Sprache seiner Herkunft. Ghana mit seinen 24 Millionen Einwohnern hat zwar als Amtssprache Englisch, zählt aber jede Menge Sprachen und Dialekte. Frederick besucht das Kaufmännische Berufsbildungszentrum in Saarbrücken. Aber besser als im Büro arbeiten, wäre der Arbeitsplatz Stadion, findet Freddy. Und träumt schon davon, mit Fußball mal Geld zu verdienen. Der Schlacks schießt bis jetzt auf 180 Zentimeter auf und verteilt dabei gerade mal 64 Kilo. Er sieht sich als klassischer Stürmer: schnell, rein in den Strafraum, abziehen. Wie sein großes Vorbild Samuel Eto'o, der Kameruner im Trikot von Champions-League-Sieger Inter Mailand und dreimal schon Afrikas Fußballer des Jahres. Eto'o und seine "Löwen" sind nach der Vorrunde allerdings schon aus dem WM-Turnier raus. Wie es Deutschland und Ghana in Gruppe D geht, entscheidet sich heute Abend, wenn beide ab 20.30 Uhr gegeneinander spielen und parallel Serbien gegen Australien. Jetzt will Freddy wieder runter auf den Platz. Das Turnier geht weiter.

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