Immer weniger Einwohner im Regionalverband

Bevölkerungsrückgang - das hört sich nach unattraktiven Städten und Dörfern an, denen die Leute weglaufen. Auch in den Kommunen des Regionalverbandes sind die Einwohnerzahlen in den letzten 20 Jahren fast überall gesunken, oft zweistellig. Für die Chefs in den Rathäusern stellt sich die Lage aber nicht so dramatisch dar, wie man annehmen könnte. Sulzbach

 Die deutsche Flagge weht am Mast vor einem Haus, als wollten die Bewohner signalisieren: Wir leben gern im Regionalverband . Foto: Robby Lorenz

Die deutsche Flagge weht am Mast vor einem Haus, als wollten die Bewohner signalisieren: Wir leben gern im Regionalverband . Foto: Robby Lorenz

Foto: Robby Lorenz

Bevölkerungsrückgang - das hört sich nach unattraktiven Städten und Dörfern an, denen die Leute weglaufen. Auch in den Kommunen des Regionalverbandes sind die Einwohnerzahlen in den letzten 20 Jahren fast überall gesunken, oft zweistellig. Für die Chefs in den Rathäusern stellt sich die Lage aber nicht so dramatisch dar, wie man annehmen könnte.

Sulzbach

Für den Rückgang der Sulzbacher Bevölkerung ist nach Worten von Bürgermeister Michael Adam (CDU ) in erster Linie die hohe Zahl der Sterbefälle verantwortlich. So gab es von 1993 bis 2013 exakt 5421 Sterbefälle und nur 3010 Geburten. Im Saldo sind in den vergangenen 20 Jahren "nur" knapp 1000 Menschen aus Sulzbach weggezogen. In der Stadt wurden in den vergangenen Jahren drei Neubaugebiete erschlossen; alle waren zur Freude des Bürgermeisters rasch belegt. "Wir haben in den vergangenen zwei Jahren in Kooperation mit den kirchlichen Trägern viel Geld in die Schaffung von Krippenplätzen gesteckt, unsere beiden Grundschulen saniert und an beiden Möglichkeiten der Nachmittagsbetreuung geschaffen", beschreibt Adam, wie Sulzbach sich attraktiv macht. Die Abteilung "Zukunft" fördere das neue Image als "Historische Salzstadt" mit Festen sowie mit Wanderungen, Führungen und Stadtspaziergängen.

Püttlingen

Auch in Püttlingen verweist Bürgermeister Martin Speicher (CDU ) auf den deutlichen Rückgang der Geburtenzahlen: Lebten 2003 noch 145 Kinder im Alter bis zu einem Jahr in der Stadt, waren es 2013 nur noch 104. Auf die Lebensplanung junger Familien habe man natürlich direkt keinen Einfluss, sagt Speicher. Was Püttlingen tun könne? Nun, man müsse sich, auch im Vergleich zu anderen und den Nachbarkommunen als ein attraktiver Standort präsentieren. Dazu gehörten unter anderem gute Infrastruktur, Arbeitsplätze , ausreichende Verkehrsverbindungen, Handels- und Dienstleistungsangebot, gute ärztliche Versorgung durch die ansässige Klinik und Fachärzte in der Stadt, Bildungsmöglichkeiten von der Grundschule über Musikschule bis zu Volkshochschule, attraktive Kinderbetreuungszeiten in den Kitas, Neubaugebiete und Grundstücke für Eigenheimbau, Möglichkeiten des Erwerbs von leer stehenden Häusern, attraktives Sport- und Freizeitangebot, Angebote im kulturellen Bereich, aber auch ein intaktes Nachbarschaftsleben und zahlreiche Vereine.

Völklingen

"Völklingen ist besonders vom Strukturwandel betroffen, und es ist schwer, sich gegen den dadurch ausgelösten Trend zu stemmen", sagt Oberbürgermeister Klaus Lorig (CDU ) und hält für ein probates Mittel, jungen Leuten Perspektiven zu bieten. Das gelinge nur, wenn schulische und berufliche Angebote vorhanden seien. Einhergehen müsse eine konsequente Stadtentwicklung. Darum bemühe sich Völklingen seit Jahren intensiv, unter anderem auch durch die Ausweisung neuer Wohngebiete. Völklingen müsse im Zusammenhang mit der Entwicklung des Saarlandes gesehen werden, das nach verschiedenen Studien fast 20 Prozent seiner Einwohner verlieren werde. Das Land selbst also habe strukturelle Probleme, und nur deren Überwindung werde zu einer Stabilisierung führen können, so Lorig.

Großrosseln

Großrosselns Bürgermeister Jörg Dreistadt (SPD ) erinnert sich, dass man vor 20 Jahren von 12 000 Einwohnern träumte. Dann kam das Ende der Gruben in Deutschland und Lothringen, und es setzte eine Abwanderung aus der Bergbaugemeinde im Warndt ein. Mittlerweile, so Dreistadt, habe man sich bei 8200 Einwohnern eingependelt, die Lage sei "stabil". Bemerkenswerterweise hält Dreistadt (und da sieht er die Kommunalpolitiker hinter sich) nichts davon, Neubaugebiete auf die Wiesen zu stellen, denn das schade dem Altbestand an Häusern und lasse die Dorfkerne veröden. Die Großrosselner setzen darauf, dass sich die Baulücken füllen. Was den Bestand an Geschäften betrifft, steht der Grenzort mit den vielen Kunden aus Frankreich einzigartig gut da: weniger als drei Prozent Leerstand!

Riegelsberg

Riegelsberg ist die einzige Kommune im Regionalverband mit einer positiven Bevölkerungsentwicklung . Wie Bürgermeister Klaus Häusle (SPD ) versichert, sei das "kein Zufall", sondern den Neubaugebieten zu verdanken. Riegelsberg sei "konsequent zu einer familienfreundlichen Gemeinde weiterentwickelt worden", mit Kindergärten, Krippenplätzen, Grundschulen und Gemeinschaftsschule, mit Spiel- und Sportplätzen und Schwimmbad. Die Saarbahn mache Riegelsberg attraktiv für Berufspendler und Schüler. Ganz wichtig seien auch die Vereine, die Kindern und Jugendlichen eine sinnvolle Beschäftigung zur Verfügung stellten, so Häusle.

Quierschied

Quierschied setzt nach Worten von Bürgermeisterin Karin Lawall (SPD ) darauf, als Wohn- und Wirtschaftsstandort noch attraktiver zu werden. Mit dem Gemeindeentwicklungskonzept wolle man Wohn- und Umweltqualität weiter verbessern. Mit einer guten Infrastruktur für Familien und Kinder, einem optimalen Angebot an Sport- und Freizeitaktivitäten bis ins hohe Alter sei man "für Neubürger gut gerüstet", so die Bürgermeisterin, die auch die gute Verkehrsanbindung als Plus betrachtet.

Saarbrücken

Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD ) kann darauf verweisen, dass der Rückgang der Saarbrücker Einwohnerzahl seit 2011 gestoppt wurde. Ohnehin steht die Landeshauptstadt besser da als der Durchschnitt aller Saar-Kommunen. Maßgeblichen Anteil daran hat nach Überzeugung von Frau Britz das Stadtentwicklungskonzept aus dem Jahr 2008, in dem Bildungsinfrastruktur, Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie das Schaffen von Wohnraum eine zentrale Rolle spielen. "Wir haben viel in den Ausbau von Kindertageseinrichtungen mit Krippenplätzen und in Ganztagsgrundschulen investiert. Durch die guten Rahmenbedingungen für junge Familien sind wir attraktiv als Wohnort. Mit dem Neubaugebiet Franzenbrunnen werden wir bald neue innenstadtnahe Baugrundstücke anbieten und damit der aktuellen Nachfrage gerecht werden können", so die Oberbürgermeisterin, die nicht müde wird, auch dem gesamten Land solch ein Entwicklungskonzept zu empfehlen.

Friedrichsthal

Um den demographischen Wandels abzuschwächen, hat Friedrichsthal bereits zwei Wohnbaugebiete "An der Geiswies" und "Inselstraße II" geschaffen, sagt Beigeordneter Peter Jung . Zurzeit sei man mit der RAG Montan Immobilien dabei, das Baugebiet "An der Geiswies" zu erschließen. Dort sollen 36 Grundstücke entstehen. Die Kombination aus Lage im Grünen, Nähe zum Stadtzentrum bei guter Verkehrsanbindung und Infrastrukturangebot aus Nahversorgungs-, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen mache die Baugrundstücke gerade für junge Familien interessant, sagt Jung und erinnert an das Förderprogramm "Soziale Stadt", mit dem positive Veränderungen des Stadtbildes erreicht worden seien. Aktuell sei man dabei, etwa 20 neue Krippenplätze im evangelischen Kindergarten zu schaffen. Die Nahversorgung sei sichergestellt, den Leerständen wolle man mit dem Gemeindeentwicklungskonzept entgegentreten. Auch die 110 Vereine seien ebenso ein Plus der Stadt wie die Sportplätze und -hallen sowie das Hallen- und Freibad. Mit der abschließenden Belegung des Gewerbegebietes "Auf der Halde" seien 260 neue Arbeitsplätze geschaffen worden. Ein gelungenes Beispiel für die Umwandlung ehemaliger Industrieflächen in Naherholungsgebiete sei der Saufangweiher in Bildstock. Eine Besonderheit: Es wurde ein Generationenbeirat gegründet. Er hat bereits mit Projekten begonnen. So wird mit dem Studentenwerk Saarbrücken ein Projekt "Essbare Stadt" verwirklicht. Dabei werden öffentliche Grünflächen in Gemüse- oder Kräutergärten umgewandelt. Das Motto hierbei lautet: "Pflücken und essen erlaubt" - die ersten Gemüse wurden bereits geerntet. Als kleine Aufmerksamkeit gibt es seit 2009 für Neugeborene ein Willkommenspaket von ortsansässigen Vereinen und Gewerbetreibenden, bestehend aus Gutscheinen und Kleinigkeiten. So konnten im vergangenen Jahr über 60 Babypakete überreicht werden.

Heusweiler

Der Heusweiler Bürgermeister Thomas Redelberger (CDU ) verweist ebenfalls darauf, dass Grund für den Bevölkerungsrückgang die Sterberate im Verhältnis zu den niedrigen Geburtenraten sei. Per saldo habe es Zuwanderung gegeben, keine Fortzüge, was als Zeichen dafür gewertet werden dürfe, dass Heusweiler schon immer eine hohe Attraktivität für interessierte "Wohnortsuchende" geboten habe.

Nach Auffassung des Bürgermeisters gelte es einen "Spagat" zu versuchen: Attraktivität bieten und erhalten für die vielen älteren Menschen, die in Heusweiler leben - und gleichzeitig jungen Leuten so viel daher machen, dass sie sich ansiedeln.

Wichtig seien attraktive Arbeitsstellen, damit junge Menschen nicht abwandern müssten. Übrigens steigen in Heusweiler seit 2009 auch die Babyzahlen wieder, von 116 auf zuletzt 156 (2013).

Kleinblittersdorf

Kleinblittersdorf gehört zu den Gemeinden, die die Bevölkerungszahlen des statistischen Landesamtes anzweifeln. Wie Bürgermeister Stephan Strichertz (parteilos) erläutert, falle der prozentuale Bevölkerungsrückgang geringer aus: statt den offiziell angegebenen gut 14 Prozent "dürfte er bei unter zehn Prozent liegen".

Die Gründe für diesen nur "moderaten" Bevölkerungsrückgang liegen nach Ansicht des Bürgermeisters unter anderem in einer sehr guten ÖPNV-Anbindung (Saarbahn) an die Landeshauptstadt sowie einer guten Grundversorgung mit Ärzten. Die Grenznähe zu Frankreich und die daraus resultierende sehr gute Versorgung mit Markendiscountern seien weitere Gründe für die durchaus nicht negative Prognose im Wettbewerb der Infrastrukturen zwischen den Städten und Gemeinden. Die hohe Fluktuation auf dem Immobilienmarkt bestätige das ungebrochen hohe Interesse an dem Wohnstandort Kleinblittersdorf . Strichertz erinnert daran, dass die Gemeinde im letzten Jahr ein Gemeindeentwicklungskonzept erstellen ließ, und zwar mit Einbindung der Bevölkerung. "Als Ergebnis kam heraus, dass die Gemeinde Kleinblittersdorf in einer landesweiten Vergleichsbetrachtung über ein sehr hohes Entwicklungspotenzial und sehr gute statistische Zahlen (insbesondere Wirtschaftskraft; Zahl der Arbeitsplätze ) verfügt."

Als bedeutende zukunftsorientierte, touristische Leitinvestition gilt das Thermalbad. Die Saarland Therme hat nach Worten des Bürgermeisters "in einem dynamischen Prozess weitere Entwicklungen angestoßen": explodierende Zahl der Ferienwohnungen, wirtschaftliche Revitalisierung und aktuelle Nutzung der staatlich anerkannten Heilquelle in Rilchingen-Hanweiler, Bau eines Reisemobilstellplatzes, Ausweisung eines zertifizierten Premiumwanderweges. Die Gemeinde Kleinblittersdorf habe auch in Krippenplätze und Kindergärten erheblich investiert.

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