Kirchen-Architektur Fotokunst ersetzt den Blick nach oben

Alt-Saarbrücken · Werner Richners Aufnahmen zeigen in der Ludwigskirche, wie vielfältig die Deckengewölbe saarländischer Gotteshäuser sind.

 Fotograf Werner Richner inmitten seiner Ausstellung.

Fotograf Werner Richner inmitten seiner Ausstellung.

Foto: Iris Maria Maurer

Eigentlich ist ein Gewölbe nur eine nach oben hin gewölbte Gebäudedecke, die vorzugsweise in Kirchen zu finden ist. Oft wird man als kunstsinniger Besucher eines Kirchengebäudes von den Fenstern, der Ausstattung, der Architektur oder der Geschichte des Gebäudes so abgelenkt, dass man sich für die Decke kaum interessiert. Was das für ein Fehler sein kann, zeigt bis Ende des Jahres in der Ludwigskirche die Ausstellung „Himmelsgewölbe“. Und die sollte  man unbedingt gesehen haben.

Denn selbst wenig kunstsinnige Besucher werden überrascht sein, wie unterschiedlich, stilvoll, elegant und abwechslungsreich die Kirchengewölbe unserer Region sind. Dem Fotografen Werner Richner ist zu verdanken, dass man sich all diese wundervollen Kirchendecken nun in einer Ausstellung anschauen kann, ganz ohne Schmerzen im Nacken.

Richner, freischaffender Fotograf, Publizist und Reisejournalist aus Saarlouis, nahm sich in fast 120 saarländischen Gotteshäusern viel Zeit, um die Schönheit dieser häufig vernachlässigten Architekturelemente abzulichten. Sie sind im opulenten Bildband „Himmelsgewölbe“, der in der Ludwigskirche ausliegt.

Doch anders als im Buch stört in der Ausstellung keine Falz die Fotografien. Und so kann man sich in der Ludwigskirche die Gewölbe der Stiftskirche St. Arnual, der Kirche Maria Königin auf dem Rotenbühl, des Alten Turms in Mettlach oder der Bischmisheimer Schinkelkirche anschauen. Und man kann sich gar nicht entscheiden, welche Gebäudedecke denn die schönste ist. Denn alle gezeigten Gewölbe haben gemein, dass die Schatten und damit auch Perspektive und Tiefe etwas zurückgenommen wurden, dafür Licht, Farben und Helligkeit im Vordergrund stehen. Dieser kleine Kniff ermöglicht Werner Richner, die Farben der Gewölbe strahlen zu lassen. Egal ob mittelalterliche Bemalung, historistische Blumenranken, kreisrundes Fenster, gefaltete Holzdecke oder eher nüchterne Betondecke: Alle Fotografien zeigen Gewölbe in leuchtenden Farben, deutlich bis ins kleinste Detail und teilweise surreal schön.

Besonders gut kann man diese Arbeitsweise übrigens auf der Fotografie der Decke der Ludwigskirche nachvollziehen, die fast genau unterhalb des Originals hängt. Daneben überraschen Vielzahl und Reichtum der abgebildeten Gewölbe. Das erlaubt auch kunstinteressierten Besuchern neue Einblicke in die saarländische Architektur und Kultur. So erinnert die Bemalung der Decke der protestantischen Kirche in Höchen an die Rückseite eines Kartenspiels.

Dagegen ist das Gewölbe der katholischen Pfarrkirche Allerheiligste Dreifaltigkeit in Wiebelskirchen über und über ausgemalt mit Heiligenszenen. St. Lutwinus in Mettlach beeindruckt durch die goldene Bemalung, die evangelische Christuskirche in Dudweiler durch ihr Netzgewölbe, St. Michael in Saarbrücken wegen ihrer expressionistischen Farbigkeit. Überraschend ist auch die Fotografie von St. Josef in Merzig. Darauf ist im Zentrum der Betondecke eine stark vereinfachte Figur zu sehen. Einen schönen Kontrast bildet die Modernität des Gewölbes von St. Matthias in Altforweiler mit der strengen Geometrie der evangelischen Schinkelkirche in Bischmisheim. Denn auch darauf wurde in der Ausstellung geachtet: Die Zusammenstellung der Fotografien erhöht häufig noch deren Wirkung. Wie gesagt, eine Ausstellung, für die man sich unbedingt Zeit nehmen sollte.

Infos: Die Ausstellung ist geöffnet bis 31. Dezember, täglich, außer montags, von 12 bis 17 Uhr. Weitere Informationen im Internet.

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