„Es geht darum, eine gewisse Idylle zu erhalten“

Kleinblittersdorf · Spielhallen haben sie schon. Jetzt wollen die Kleinblittersdorfer verhindern, dass ein Bordell am Rande ihrer Gemeinde eröffnet wird. SZ-Redakteurin Ilka Desgranges sprach am Rande einer Demonstration mit Bürgermeister Stephan Strichertz. Er hält den Imageschaden für „dramatisch“.

 Bürgermeister Stephan Strichertz Archivfoto: Heiko Lehmann

Bürgermeister Stephan Strichertz Archivfoto: Heiko Lehmann

Herr Strichertz, 200 Kleinblittersdorfer haben vor dem Rathaus gegen ein geplantes Bordell protestiert. Gehen Sie davon aus, dass der Gemeinderat seine Meinung ändern und seine Entscheidung rückgängig machen wird?

Stephan Strichertz: Ich weiß es wirklich nicht. Es kann sein - so sind die Signale - dass privat ein Umdenkungsprozess stattgefunden hat. Ich gehe davon aus, dass die Fraktionen nicht mehr "in der Linie" abstimmen würden. Ich möchte eine Diskussion über Formalia vermeiden. Das würde der Bürger nicht verstehen. Man muss einen Königsweg finden, um positive Signale nach außen zu senden.

Wie fühlen Sie sich angesichts der Diskussion und der angespannten Stimmung in Ihrer Gemeinde?

Strichertz: Ich hätte mir etwas anderes gewünscht. Derzeit bin ich fast zu 100 Prozent mit dem Thema belastet. Ich versuche, größeren Imageschaden für die Gemeinde zu vermeiden.

Werden Sie oft auf die Entscheidung des Gemeinderates, ein Bordell zu erlauben, angesprochen?

Strichertz: Von allen Seiten. Der Imageschaden ist schon dramatisch hoch. Manche sehen es humoresk. Andere sagen: Lass nicht nach! Kämpfe! Lass dich nicht unterkriegen!

Wie erklären Sie sich die Kehrtwende im Gemeinderat, also die Tatsache, dass zunächst eine Veränderungssperre beschlossen und dann wieder aufgehoben wurde?

Strichertz: Dafür habe ich keine Erklärung.

Was sagen Sie zu dem Argument, mit der Erlaubnis des Bordells verhindere man eine weitere Spielhalle?

Strichertz: Eine weitere Spielhalle stand nicht zur Diskussion. Es war klar, dass die Veränderungssperre auf ein Bordell bezogen war. Der Eigentümer des Gebäudes, das Schloss Falkenhorst genannt wird, hat mir allerdings gesagt, dass er auch ein Gespräch mit einem Spielhallenbetreiber geführt habe.

Der Sprecher der Bordell-Investoren, Rigo Wendt, hat öffentlich gesagt, Sie, der Bürgermeister von Kleinblittersdorf, hätten ihm gegenüber keine Einwände vorgebracht.

Strichertz: Das war ein bisschen anders. Rigo Wendt von der Firma Pearls aus Trier war nie bei mir. Gesprochen habe ich mit einem anderen Vertreter der Investoren. Der hatte einen Termin bei mir in der Bürgersprechstunde. Es ging ursprünglich um die Teilnahme an einem Wettbewerb für regenerative Energien. Und dann hat er mir gesagt, er sei in anderer Funktion da und vertrete die Firma Pearls.

Und dann haben Sie über ein Bordell in Kleinblittersdorf gesprochen?

Strichertz: Ich habe ihm gesagt, dass ich das ethisch und moralisch verwerflich finde. Als Anwalt habe ich mal zwei Etablissements vertreten, dann mein Mandat aber niedergelegt. Ich habe auch auf die Sperrbezirksverordnung verwiesen. Sie besagt, dass in Gemeinden mit weniger als 35 000 Einwohnern kein Bordell eröffnet werden darf. Der Vertreter des Investors hat mir daraufhin gesagt, sie würden die Genehmigung notfalls einklagen.

Wie erklären Sie sich, dass die Investoren öffentlich sagen, dass Sie als Bürgermeister in dem Gespräch nicht deutlich gegen das Bordell gesprochen haben?

Strichertz: Vielleicht ist der Eindruck dadurch entstanden, dass ich in dem Gespräch gesagt habe, dass es ein ungeschriebenes Gesetz gebe, dass Ortsratsbeschlüsse vom Gemeinderat bestätigt werden. Und der Ortsrat hatte ja für die Aufhebung der Veränderungssperre gestimmt. Mag sein, dass er das falsch verstanden hat.

Sie sind parteilos. Hätten Sie jetzt nicht gerne eine Fraktion hinter sich?

Strichertz: Ich könnte dann entspannter in eine Gemeinderatsitzung gehen. Aber es gibt auch Bürgermeisterkollegen, die mit der Fraktion der Partei, der sie selbst angehören, zerstritten sind.

Fühlen Sie sich persönlich beschädigt?

Strichertz: Nein. Das Persönliche ist auch zweit- oder drittrangig. Mir geht es darum, Schaden von der Gemeinde abzuwenden. Es geht auch nicht um obsiegen oder verlieren. Es geht darum, für Kleinblittersdorf eine gewisse Idylle zu erhalten

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