Karnevalistischer Tanz Das Mariechen tanzt dem Alter davon

Sitterswald · Elena Thiel (30) präsentiert hoch gelobten Leistungssport auf der Bühne. Und trainiert bald für die nächste Session.

 Elena Thiel von den Sitterswalder Kappeskepp ist eines der ungewöhnlichsten Funkenmariechen im Land.

Elena Thiel von den Sitterswalder Kappeskepp ist eines der ungewöhnlichsten Funkenmariechen im Land.

Foto: Heiko Lehmann

Aufgeregt trippelt Elena Thiel auf der Stelle in der Sitterswalder Mehrzweckhalle. Ihre Trainerin Corinne Grolier redet ihr noch einmal gut zu. Dann geht’s los. Die Sitzungsmoderatorinnen der Sitterswalder Kappeskepp kündigen ihr Funkenmariechen an. ↓

Unter rhythmischem Klatschen der 300 Gäste und zur Einlaufmusik bahnt sich Elena Thiel den Weg bis zur Bühne. „Ich bin vor jedem Auftritt aufgeregt. Das war bei meinem allerersten Tanz genau so wie heute. Aber wenn ich auf der Bühne bin, ist die Aufregung verschwunden“, sagt Thiel.

Was auf der Bühne folgt, ist mitreißend. Gut zwei Minuten tanzt das Funkenmariechen exakt zur Musik, baut eine Biellmann-Pirouette, Spagate, Radwenden und weitere schwierige Turn­elemente ein. Das Publikum jubelt bereits während des Tanzes. Was das Ganze sogar einmalig im Regionalverband Saarbrücken und im ganzen Saarland macht – Elena Thiel feierte am 4. Februar ihren 30. Geburtstag.

Das ist ein Alter, in dem viele Frauen höchstens noch der Garde tanzen. „Ich fühle mich gut und bin fit. Außerdem liebe ich diesen Tanz und die Anstrengung. Nur in der Garde zu tanzen, würde mir nicht ausreichen“, sagt Elena Thiel, die nach ihrem dreiminütigen und fehlerfreiem Tanz ihrer Trainerin in den Armen liegt.

Oft bekommt die 30-Jährige zu hören, sie sei doch als Funkenmariechen schon viel zu alt. Ihre Trainerin kann darüber nur lachen. „Ich kenne im Umkreis kein Mariechen, das auch nur annähernd an die Leistung von Elena herankommt. Die Reaktion des Publikum spricht für sich. Elena ist bei uns im Verein ein Vorbild für alle jüngeren Tänzerinnen“, sagt Corinne Grolier.

Lob gibt es auch von ganz oben aus der saarländischen Fastnachtsszene. „Wir haben im Saarland sehr viele und starke Funkenmariechen und hatten in dieser Kategorie schon mehrfach deutsche Meister. Dass man allerdings mit 30 Jahren noch auf einem derart hohen Niveau tanzt, ist absolut außergewöhnlich und einzigartig. Ich wünsche Elena, dass sie noch lange so tanzen kann“, sagt Hans-Werner Strauß, der Präsident des Verbandes Saarländischer Karnevalsvereine. Doch wie schafft sie es, mit 30 Jahren noch so beweglich und fit zu sein? Für die meisten Mariechen ist spätestens Anfang bis Mitte 20 Schluss. „Ich liebe Sport. Ich gehe viel joggen und mache High Intensity Training, also sehr harte Kraftsporteinheiten. Nach Ostern geht schon das Training für die nächste Session los“, sagt die Tänzerin, von Beruf Kauffrau für Versicherungen und Finanzen. Das sportliche Talent war ihr in die Wiege gelegt. In ihrer Jugend war Elena Thiel eine saarlandweit erfolgreiche Turnerin. Und von ihrem Opa Alwin Linden ermutigt, brachte sie es zum Saarlandmeistertitel im Kugelstoßen.

Mit dem Gardetanz fing Elena Thiel in ihrem Heimatort Auersmacher an. Turnfreundin Jessica Wolff nahm das Talent nach nur wenigen Sessionen mit zu den Sitterswalder Kappeskepp, wo beide ab 2008 ein heute legendäres Funkenduo bildeten. Seit fünf Jahren steht die 30-Jährige nun allein auf der Bühne und begeistert in jedem Jahr die Narren in der Halle aufs Neue.

Als Funkenmariechen an Wettbewerben teilzunehmen hat sie nie gereizt. „Ich weiß auch nicht, warum. In anderen Sportarten habe ich Wettkämpfe geliebt. Beim Tanzen habe ich dafür keine Motivation“, erklärt das Multitalent. Gedanken ans Aufhören gibt es noch nicht.

„Ich mache so lange weiter, wie ich kann und wie ich Spaß daran habe. Außerdem habe ich für diese Session gerade erst einen ganz neuen und ziemlich teuren Mariechenhut gekauft. Da kann ich doch nicht gleich aufhören.“

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