Theater mit Keith Jarrett Keith Jarrett: Das „Köln-Concert“ wird zum Theaterstück

Saarbrücken · Der Schauspieler Martin Huber und der Pianist Manuel Krass erarbeiten ein Stück über das legendäre Konzert. Premiere ist im Theater im Viertel.

Er gilt als schwierig. Als empfindlich. Als männliche Diva, die bei ihren Konzerten höchste Aufmerksamkeit vom Publikum einfordert und keine Störung verzeiht. Wehe, es hustet einer! Das kann dann schon mal dazu führen, dass Jazz-Pianist Keith Jarrett ausflippt und mitten im Konzert abbricht.

Das ist nun nicht passiert am 24. Januar 1975, und dennoch gilt Jarretts „Köln Concert“ als legendär. Seit über 40 Jahren genießt die Live-Improvisation aus der Oper Köln Kultstatus und gehört wohl zu den meistverkauften Jazz-Solo-Platten aller Zeiten.

Aber warum?, fragen sich diejenigen, die das Konzert für überschätzt halten. Dem Meister selbst ist der Hype um sein eigenes Konzert ebenfalls unangenehm, teilt er doch die Meinung, dass er weit bessere Konzerte abgeliefert habe.

Worauf also gründet die Mythenbildung um die Aufnahme? Auf der emotionalen Beziehung, die viele Fans aus diversen Gründen dazu haben? Darauf, dass Jarrett es geschafft hat, Leute für den Jazz zu begeistern, die mit dieser Musik sonst nicht viel anfangen könnten? Oder auf dem organisatorischen Chaos im Vorfeld, das fast dazu geführt hätte, dass das Konzert gar nicht stattgefunden hätte?

„Das ausgefallene Konzert“: So lautet nun auch der bewusst doppeldeutige Titel eines „Klavier-Konzert-Theaters“ über das „Köln Concert“ von und mit Martin Huber und Manuel Krass. Dabei stehen beziehungsweise sitzen ein klavierspielender Schauspieler und ein schauspielernder Pianist gemeinsam auf der Bühne des Theaters im Viertel (TiV). Eine Herausforderung für beide, aber „wir haben nicht die Absicht, uns auf unserem jeweiligen Hauptgebiet Konkurrenz machen zu wollen“, beteuern die zwei.

Martin Huber, geboren 1964, ist freier Regisseur und Schauspieler, engagiert im Netzwerk Freie Szene und im Bundesverband Freier Theater. Er führt theaterpädagogische Projekte durch, gastiert gelegentlich im Staatstheater (SST) und macht außerdem Lesungen. Und seit 2007 realisiert er jährlich eine freie Produktion im TiV, allein oder mit anderen, etwa dem Figurentheaterspieler Dietmar Blume.

Hubers musikalisch-philosophische „Monologe am Klavier“ bilden nun die formale Vorlage für die Zusammenarbeit mit Manuel Krass, den er 2016 bei der Musik-Theater-Performance „Flucht!“ im Rahmen der Saarbrücker Sommermusik kennenlernte.

Krass, Jahrgang 1988, ist Jazzpianist und liebt das Ausloten verschiedener Kunstformen, sei es die Verbindung aus Musik und Schauspiel (mit seinem Trio „Krassport“), Musik und Architektur (sein Projekt „Das Prinzip des Zufalls“ bespielte 2015 ungewöhnliche Räume) oder Musik und Tanz (2010 schrieb Krass im Auftrag des SST die Ballettmusik zu „Silent Mov(i)e“).

Seit 2012 ist Krass zudem Dozent für Jazz-Piano, Harmonielehre und Gehörbildung an der Hochschule für Musik Saar. „Jetzt diese Menge an Text zu lernen, ging besser als befürchtet“, sagt Krass – Hubers Texte sind bekanntlich sperrig, aber als Musiker kommt Krass mit abstrakten Strukturen bestens klar.
Huber schlüpft nun in die Rolle von Marius, der das „Köln Concert“ akkurat nachspielen will. Tatsächlich gibt es Noten davon: Zwei fleißige Japaner haben sich unter Jarretts persönlicher Aufsicht die Mühe gemacht, die Improvisation Ton für Ton zu transkribieren.
„Wenn ich so spielen könnte, wie ich wollte, würde ich genau so spielen!“, begründet Huber seine Faszination. Klavierstimmer Konstantin (Krass) dagegen fragt, welchen Sinn es macht, etwas – zudem etwas so Einmaliges – sklavisch nachzuspielen. Dieser unter Musikern gerne geführte Disput über den Wert von Original und Kopie liefert den thematischen Knackpunkt des Stücks, das mit den Mitteln des Theaters musikalisch Außergewöhnliches vermitteln will.

Uraufführung: Donnerstag, 1. Februar, 19.30 Uhr, TiV. Wieder: Freitag, Samstag, 2./3. Februar, gleiche Zeit, und Sonntag, 4. Februar, 17 Uhr. Karten, Infos: Tel. (0681) 390 46 02.
www.dastiv.de

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