Saarbrücker Geschichte mal anders Eine Kammerzofe bricht ihr Schweigen

Saarbrücken · 300-Jährige plaudert aus, was ihr der Adel seinerzeit in Saarbrücken an Geheimnissen anvertraute.

 Hat sich doch gut gehalten, die alte Kammerzofe. 300 Jahre hat sich auf dem Buckel. Ihr Geheimnis ewiger Jugend verrät Monika Link nur bei ihren Führungen.

Hat sich doch gut gehalten, die alte Kammerzofe. 300 Jahre hat sich auf dem Buckel. Ihr Geheimnis ewiger Jugend verrät Monika Link nur bei ihren Führungen.

Foto: Tobias Ebelshäuser

Für ihre 300 Jahre hat sich Henrietta echt gut gehalten. Das muss man ihr wirklich zugestehen. Schon unter Fürst Wilhelm Heinrich und dessen Gemahlin Sophie, sowie später unter dem Erben Fürst Ludwig, diente sie als Kammerzofe am Schloss in Nassau-Saarbrücken. In der Alten Sammlung am heutigen Schloss, in der neuen Ausstellung zu Wilhelm Heinrich, beginnt sie ihre Führung und nimmt die Besucher mit auf eine Reise durch weniger bekannte Details der Fürsten-Herrschaft von Nassau-Saarbrücken. Sie erzählt von den unzähligen Maitressen am Hof, überhöhten Egos von Adeligen und einer blühenden Vetternwirtschaft, alles aus der Erinnerung einer Kammerzofe der damaligen Zeit.

Eine Kammerzofe, das war einst eine Dame, die im Dienst einer meist adeligen Herrschaft stand und dort der Dame des Hauses in den privaten Gemächern diente. Sie war ihren vorgesetzten Adeligen meist sehr eng vertraut und sowieso zur Verschwiegenheit verpflichtet, was natürlich bedeutete, dass eine Kammerzofe allerhand interessante Geheimnisse aufschnappen konnte.

Ihren Berufsstand hat Henrietta überlebt, genau wie ihre adeligen Vorgesetzten. Doch genauso haben mit ihr all die interessanten Dinge überlebt, die sie damals miterlebte. Und da außer ihr niemand mehr da ist, der sie fürs Ausplaudern bestrafen könnte, hat sie sich endlich dazu entschlossen, ihr Schweigen zu brechen.

Ihre Führung führt über den Schlossplatz, wo einst sogar Köpfe von den Guillotinen rollten, durch die Wilhelm-Heinrich-Straße, wo sich der Adel aufhielt, bis zum Ludwigsplatz, wo mit dem Zuchthaus neben dem Adel auch die Schattenseite der fürstlichen Stadt zu sehen war. Zu allem hat sie eine Erinnerung, auch wenn sie das Schloss so von früher nicht kennt. Die modernen Kutschen mit vier Gummireifen, ohne Pferde, sind der 300-Jährigen noch nicht so ganz geheuer.

300 Jahre alt ist Henrietta natürlich nur während der Führung, auch wenn sie ihr echtes Alter nicht verraten will, um der Illusion nicht zu schaden. Bürgerlich heißt die letzte Kammerzofe Saarbrückens Monika Link, die Zeit um die Französische Revolution hat sie auch im echten Leben direkt mitbekommen, wie sie sagt. Schließlich habe sie bei „Dantons Tod“, einem Revolutionsdrama von Georg Büchner, zum Ensemble des saarländischen Staatstheaters gehört, erzählt sie. In Zweibrücken, Blieskastel und Homburg hat sie die Führungen als Kammerzofe schon angeboten, da die Adelshäuser der damaligen Zeit allerdings alle so nah beisammen waren, war der Sprung nach Saarbrücken nicht weit.

Ausgedacht hat sie sich ihre Geheimnisse übrigens nicht, sie alle sind in irgendeiner Form überliefert. Doch das allergrößte Mysterium löst sie erst ganz am Ende der Führung. Nämlich das, wie sie es geschafft hat, stolze 300 Jahre alt zu werden. Wer das wissen möchte, muss es sich allerdings schon von ihr selbst anhören. Ist schließlich ein Geheimnis.

Führungstermine: 18. November und 9. Dezember, Dauer zirka zwei Stunden; Anmeldung erforderlich bei: Tourist-Information im Rathaus, Tel. (06 81) 95 90 92 00, E-Mail: tourist.info@verkehrsverein-sb.de.

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