Protokoll einer Daheimgebliebenen Klimaschutz-Radtour endet unerwartet: Theos nächste Mission ist die Genesung

Serie | Saarbrücken · 20 Länder und 20 000 Kilometer in einem Jahr: Fabian Theobald hatte auf den Fahrrad Großes vor. Diesmal berichtet seine Partnerin Judith Rachel über das unerwartete Ende dieser Tour.

 Nach seinem schweren Fahrradunfall trainiert Fabian Theobald im Krankenhaus, um bald wieder auf die Beine zu kommen.

Nach seinem schweren Fahrradunfall trainiert Fabian Theobald im Krankenhaus, um bald wieder auf die Beine zu kommen.

Foto: Judith Rachel

„Ich bin im Iran. Es ist anders als ich dachte. Es ist toll“ schrieb Theo mir dienstags. „Ich war in fünf Minuten an der Grenze durch. Dann hat sich sofort eine Menschentraube um mich gebildet. Innerhalb kürzester Zeit hatte ich SIM-Karte und ein VPN für den Iran eingerichtet. Geld gewechselt und meine Wasserflaschen aufgefüllt. Sicherheitsratschläge und Telefonnummer ausgetauscht.“ Die erste Nacht verbrachte er in der Wohnung eines englischsprechenden Arztes. Mittwochsmittags hatten wir noch kurz Kontakt. Am frühen Abend dann eine WhatsApp-Nachricht von Theos Nummer.

Er sei im Krankenhaus in Urmai, stand da auf Englisch. Ehe die Bedeutung des Satzes wirklich zu mir durchgedrungen war, sah ich schon das Video: mit HWS-Schiene spricht Theo in die Kamera, es gehe ihm gut, ein Autounfall, er werde gut versorgt und melde sich, wenn er mehr weiß.

An seinem Handy rief mich kurz darauf eine Frau an. Sima war in der Nähe, als der Unfall passierte und erkannte, dass sie als Einzige der Ersthelfenden Englisch sprach. Ihr Mann setzte den Notruf ab, woraufhin die Leute vom „Roten Halbmond“ sich rührend um Theo kümmerten. Danach hielt sie mich auf dem Laufenden, übersetzte zwischen Theo und dem Krankenhauspersonal und brachte ihm Suppe.

Nur auf die Fotos, die sie mir von Theos Fahrrad schickte, hätte ich vielleicht verzichten können. Es ist komplett zersplittert. Auf den letzten Kilometern seiner Tagesetappe war ein Auto von der Gegenspur in seine Seite geprallt. Der Fahrer hatte offenbar die Kontrolle über seinen Wagen verloren. Ohne seinen Helm wäre Theo womöglich nicht mehr am Leben.

Wenn das Hirn aussetzen will, tut es gut, einfach eine Liste abzuarbeiten. Ich war froh, nach Simas Anruf meinen Rechner aufklappen und den „Krisenordner“ öffnen zu können, den Theo erstellt hatte: Kontakt zur Versicherung, Link zum Auswärtigen Amt … Zwei Tage lang telefonierte und mailte ich, verschickte Unterlagen. Zum Glück hatten wir eine Vorsorgevollmacht abgeschlossen. Bewusst wurde mir in dieser Zeit, was für ein starkes Netzwerk wir haben. Davon wurde ich getragen.

Für jede emotionale oder praktische Aufgabe gab es jemanden: die beste Freundin, die mich mit schwarzem Humor zum Lachen brachte; den Schwager, der mich, wenn nötig, sofort in den Iran zu begleitet hätte; viele kleine Erledigungen, die mich enorm entlastet haben; Kontakte und Ideen für den Fall, dass alles nicht so reibungslos laufen würde. Ich kam gar nicht dazu, alle Hilfsangebote anzunehmen: dank Konsulat, Versicherung und Malteser Hilfsdienst wurde Theo innerhalb 96 Stunden nach seinem Unfall nach Saarbrücken geflogen.

Er bestand übrigens darauf, dass sein Fahrrad mit dem restlichen Gepäck zu ihm geschickt wird. „Es hat ja jetzt ein Format, in dem es sich gut versenden lässt“, witzelte er.

 Voller Zuversicht: Fabian Theobald beim Aufbruch in Saarbrücken am 1. März.

Voller Zuversicht: Fabian Theobald beim Aufbruch in Saarbrücken am 1. März.

Foto: BeckerBredel

Die gebrochene Gabel hat er gleich im Handgepäck des Ambulanzflugs mitgebracht. Er posiert damit im Krankenbett auf seinem ersten Instagram-Bild nach dem Unfall: „Die nächste Reise ist meine Genesung“, schreibt er darin.

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