Saarbrücker Tafel Jetzt wieder wöchentlich: Hilfe gegen Hunger

Saarbrücken · Tausende Saarbrücker sind auf Lebensmittelspenden angewiesen. Tafel der Landeshauptstadt kehrt zu altem Verteil-Rhythmus zurück.

 Essensausgabe bei der Saarbrücker Tafel in Burbach. Helferin Irina Taburinskaj aus der Ukraine gibt Gemüse an die Kunden weiter. Foto: Iris Maurer

Essensausgabe bei der Saarbrücker Tafel in Burbach. Helferin Irina Taburinskaj aus der Ukraine gibt Gemüse an die Kunden weiter. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

Die Klapptafel vor dem Haus Im Etzel ist gute Nachricht und Appell in einem. Sie weist auf eine Fuhre hin, den Lastwagen, der gleich gespendete Lebensmittel abliefert. Dreieinhalb bis vier Tonnen am Tag bringen die ehrenamtlichen Fahrer zum Zentrum der Hilfe.  Werktag für Werktag. Daher die Bitte: hier nicht parken. Das steht hier öfter. Neu ist der Aufkleber am Eingang. Auch eine gute Nachricht, steht doch unter dem Wort „Testphase“: „Bis zum 1. Mai 2018 werden die Lebensmittel testweise wieder wöchentlich verteilt.“

Uwe Bußmann, der Vorsitzende des Tafel-Vereins und die Tafel-Sprecherin Vera Loos nehmen sich Zeit für das Gespräch und eine kleine Pause. Drumherum sortieren die Helfer Brote und Gemüse für die nächsten Kunden. Geld gibt es dafür nicht. Es duftet inzwischen nach dem Mittagessen,  das sich diese Ehrenamtlichen zubereiten. Fisch steht auf den Tisch.  Viele, die hier stundenlang unentgeltlich anpacken, sind selbst arm und froh, dass sie für diese kostenlose Mahlzeit nicht jeden Euro dreimal umdrehen müssen. Es ist eine willkommene Stärkung, bevor die unbezahlte Arbeit weitergeht.

120 freiwillige Helfer sorgen, verteilt auf die sechs Werktage dafür, dass der Laden läuft.  Sie haben viel zu tun. Die Saarbrücker Tafel versorgt von Montag bis Samstag jeweils bis zu 110 Kunden. Plus deren Familien.

Nicht alle Tafel-Besucher sind wöchentlich da. Aber gegen Monatsende, wenn von Hartz IV oder von der Grundsicherung fast nichts mehr übrig ist, rettet die Tafel vor Hunger. So summiert sich die Empfängerzahl auf inzwischen 4500. Hier klopfen sogar Menschen an, die nicht einmal wissen, wovon sie an diesem Tag satt werden. Sie kommen zur ohnehin großen Stammkundschaft aus Arbeitslosen, Aufstockern, verarmten Rentnern – und Flüchtlingen.

Deren Zahl wuchs vor allem 2016 und damit ihr Anteil an der Gesamtzahl der Empfänger. „Viele Flüchtlinge kommen direkt vom Jobcenter hierher, da ist die Druckertinte auf den Bescheiden noch feucht“, sagt Bußmann. Sein Eindruck ist: Der Staat entledige sich zum Teil seiner Pflicht, diese Leute zu versorgen.

Der Flüchtlingsandrang wurde schließlich so groß, dass der Tafel-Verein die Gesamtkundschaft ab Anfang 2017 nur noch alle zwei Wochen statt wöchentlich versorgen konnte. Das kam einer Halbierung der Rationen gleich und sorgte für Spannungen. Nicht nur im Warteraum, sondern auch in der Warenausgabe. Deshalb und weil sowohl Spendenmenge als auch Helferzahl es hergeben, ist der Verein dieses Jahr zum früheren wöchentlichen Verteil-Rhythmus zurückgekehrt. Vorerst. Denn das kann nur so bleiben, wenn die Zahl der Hilfesuchenden nicht weiter wächst und genug Spenden reinkommen, ob nun in bar oder als brauchbare Lebensmittel.

Das heißt aber auch Tag für Tag, dass die Ware die Empfänger erreichen muss.  Das fängt bei den Abholfahrten der Tafelkühlwagen an, geht mit dem Sortieren weiter  und endet, wenn die Kunden mit ihren Einkaufstaschen das Haus im Burbacher Zentrum verlassen. Darin muss dann aber so viel sein, dass sich die Ausgaben für die Fahrt zum Tafel-Haus lohnen. Wöchentlich, wenn sich das nur irgendwie durchhalten lässt.

Dafür sucht der Verein noch Unterstützung. „Wir brauchen dringend weitere ehrenamtliche Fahrer“, sagt Bußmann, der stets im Blick haben muss, woran es gerade hakt. Der Lohn sind für ihn und die anderen Tafel-Helfer Szenen der Solidarität. Zeichen des Zusammenhalts unter den Armen. Vera Loos erinnert sich.  „Eine alte Frau, die selbst nicht viel hat, verzichtete auf ein Brot, damit ein anderer noch eins mitbekam.“

Zwei Jahrzehnte gibt es die Saarbrücker Tafel inzwischen. Das wird sie mit vielen Gratulanten am 28. September feiern. Der Verein eröffnet das Jubiläumsprogramm mit einer Kunstauktion zugunsten der Tafel. Dahinter stehen saarländische Mitglieder des Bundesverbandes Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK). Tafel-Sprecherin Vera Loos ist als Malerin Mitglied im BBK. Für sie gäbe es einen viel schöneren Grund zum Feiern. „Das wäre dann, wenn uns niemand mehr braucht.“

Aber nun müssen sie und Uwe Bußmann wieder an die Arbeit. Weil so viele die Tafel brauchen. Selbst nach 20 Jahren. Oder gerade jetzt.

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