Betrug mit Zertifikaten im Saarland Wenn die Testpflicht in Geschäften einfach umgangen wird

Saarbrücken · Ein negativer Test für mehrere Personen? Ein SZ-Leser hat beobachtet, wie ein Zertifikat weitergereicht wurde. Warum dem Einzelhandel die Hände gebunden sind.

Im Saarland gibt es auch Testbetrug
Foto: dpa/Jonas Güttler

„Dann bringen die aktuell vorgeschriebenen Corona-Schnelltests beim Einkaufen ja auch nichts“, steht für einen Saarbrücker fest. Der SZ-Leser hat mit zwei Freunden am Wochenende beobachtet, wie eine Gruppe junger Männer vor einem Kaufhaus in der Landeshauptstadt das Formular mit einem Test-Ergebnis weitergereicht und sich damit nacheinander Zutritt zu einem Kaufhaus in der Bahnhof­straße verschafft haben. Der Mitarbeiter am Eingang habe wohl nur die Bescheinigung, aber nicht den Namen kontrolliert und sich zur Identifizierung den Ausweis der jeweiligen Person vorlegen lassen. Die SZ-Leser wollten ihre Beobachtungen bei der Polizei melden. Doch sie seien an das Saarbrücker Ordnungsamt verwiesen worden. Unter der ihnen genannten Telefonnummer hätten sie aber den ganzen Nachmittag lang niemanden erreicht.

„Die Kolleginnen und Kollegen unseres Ordnungsamtes leisten in besonderem Maße einen Beitrag zur Bewältigung der Pandemie“, sagt Thomas Blug, Pressesprecher der Landeshauptstadt. Die Mitarbeiter würden unter anderem auch die Einhaltung der Sicherheits- und Hygieneregeln überwachen, zu denen die Testpflicht im Einzelhandel gehöre. „Konkreten Hinweisen gehen wir nach. Klar ist aber doch auch: Flächendeckende Kontrollen sind nicht möglich“, betont der Sprecher.

Die geschilderten Beobachtungen seien für die Unternehmen in der Tat ein Thema und Problem, steht für Fabian Schulz, Geschäftsführer vom Handelsverband Saarland, der Spitzenorganisation des deutschen Einzelhandels, fest. Während Geschäfte zum Beispiel beim Verkauf von Alkohol die Ausweise der Kunden kontrollieren können, dürfen sie das in diesem speziellen Fall nicht: „Wir müssen uns auf das, was auf dem Zettel steht, verlassen.“ Deshalb sei es für die Unternehmen schwierig, solche kriminellen Machenschaften aufzudecken. Zumal die Täter damit alle gefährden, also auch andere Kunden und die Mitarbeiter. Fallen den Geschäften solche Dinge aber auf, würden sie wie zum Beispiel auch bei einem Ladendiebstahl sofort das Ordnungsamt einschalten und Anzeige erstatten. Zudem könnten sie dann – wie das etwa auch bei der Nichtbeachtung der Maskenpflicht in den Geschäften ist – von ihrem Hausrecht Gebrauch machen, so Schulz. Ein klarer Nachweis, dass derjenige, der das Zertifikat vorzeigt, mit demjenigen übereinstimmt, der getestet wurde, wäre deshalb sinnvoll und würde dem Handel die Kontrolle wesentlich erleichtern. Hier wäre nach Ansicht des Verbandes zum Beispiel die Luca-App oder das Abscannen eines QR-Codes vorteilhaft. Dabei würde dann unter anderem auch auffallen, wenn der Inhaber des Smartphones in kurzer Zeit mehrfach ein Geschäft besucht.

„Klärungsbedarf“ gibt es nach der Ansicht des Geschäftsführers zudem bei weiteren Problemen rund um das Testen. So sei zum Beispiel für Kunden aus Luxemburg, die im Saarland einkaufen möchten, hier ein kostenloser Test nicht möglich, weil dazu ein deutscher Pass erforderlich wäre, gibt er zu bedenken. Bei Franzosen, die in der Regel beim Grenzübertritt getestet werden, komme dieses Problem zwar weniger häufig, aber dennoch vor. Zudem stelle sich für die Inhaber der Geschäfte die Haftungsfrage, wenn geschultes Personal die Kunden testet und es dabei zu Verletzungen kommt, ergänzt der Geschäftsführer des Saar-Handelsverbands.

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