Hier wird ganze Arbeit geleistet Im „Kompass“ wird ganze Arbeit geleistet

Sulzbach · Die Licht- und Schattenseiten einer Einrichtung, die sich seit dem Flüchtlingsansturm um zahlreiche Menschen kümmert.

 Diese Aufnahme ist - auf den Tag genau - vor drei Jahren im Flüchtlingslager in  Lebach entstanden. Damals mussten wegen übergroßen Andrangs Zelte  als provisorische Notunterkünfte aufgebaut werden. Einige Hundert Menschen kamen alsbald nach Sulzbach.

Diese Aufnahme ist - auf den Tag genau - vor drei Jahren im Flüchtlingslager in  Lebach entstanden. Damals mussten wegen übergroßen Andrangs Zelte  als provisorische Notunterkünfte aufgebaut werden. Einige Hundert Menschen kamen alsbald nach Sulzbach.

Foto: rup

Lehrer an einem Gymnasium, das war er bis zu seiner Pensionierung. Und sie war früher im Veranstaltungsmanagement tätig. Und nun? Machen Peter Bastian und Monique Broquard im Auftrag der Stadtverwaltung seit drei Jahren Sachen, die sie kaum für möglich hielten. Und zwar in der Kompass genannten Begegnungsstätte in der Sulzbachtalstraße.

Es war im Sommer 2015, als Flüchtlinge auch ins Saarland strömten. Die Landesaufnahmestelle in Lebach platzte fast aus allen Nähten. Bis dann, wenig später, Männer, Frauen und Kinder auf die saarländischen Städte und Gemeinden verteilt wurden. Einige Hundert Syrer und wenige Menschen aus Eritrea kamen im Zuge dessen nach Sulzbach. Um sie musste man sich kümmern. Das machen seit Beginn an Peter Bastian und Monique Broquard. Und zwar mit Vehemenz, Hartnäckigkeit und mittlerweile gehöriger Sachkenntnis hinsichtlich des Kontakts zu Behörden und Ämtern beispielsweise. Man muss halt die dicksten  Bretter bohren.

Am heutigen Mittwoch  findet ab 17 Uhr eine Feier im Salzbrunnenhaus  statt, bei der es auch ein bisschen interkulturell zugehen wird. Angesagt hat sich Saar-Sozialministerin Monika Bachmann, um die Arbeit im Kompass zu würdigen. Im Gespräch mit den beiden Hauptakteuren erfährt man mehr über das, was hier geleistet wird. Ali, ein 22 Jahre junger Mann aus Syrien - seit 2016 in Sulzbach - steht auf und streckt einem die  Hand entgegen. Ali, sagen Broquard und Bastian, habe beste Zukunftsaussichten. Er, dem sie einen „ungeheuren Sprachschatz“ bescheinigen und der im Kompass auch gedeihlich mitwirkt, will studieren. In der Begegnungsstätte wird hierfür gerade einiges in die Wege geleitet. Alis Vater hat auch schon Arbeit gefunden, die Familie will Fuß fassen und tut was dafür.

Die rundum heile Welt - mit aktuell 535 Neubürgern - ist in Sulzbach aber auch nicht ausgebrochen. Es geht um Dinge wie Scheidung, Sorgerecht, um Angelegenheiten, die mit dem Jugendamt zu regeln  sind, es geht um Familien-Zoff und Frauenhäuser, um  dringende medizinische Hilfe in schwersten Fällen. Und es geht vielfach auch ums Thema Unpünktlichkeit. Manch einer, der die Gepflogenheiten in Deutschland noch nicht ganz aufgesogen und verinnerlicht hat,  meint, so Bastian, er müsse sich an Fristen und Termine nicht halten. Das ist dann so ein Punkt, an dem die beiden Kompass-Mitarbeiter einen ganz dicken Hals kriegen. Und auch dagegen ankämpfen - mit allem Nachdruck.

Was dem Duo nachgeht und es gelegentlich auch psychisch belastet, das sind besondere Schicksale. Beispielsweise Kinder, die an unheilbarem Muskelschwund leiden, Jungen und Mädchen, die aufgrund ihrer Kriegserlebnisse in Syrien den Boden unter den Füßen verloren haben und sich mit Selbstmordgedanken beschäftigen und so weiter und so fort. Viel Elend prasselt auf  Broquard und Bastian hernieder. Aber auch schöne Erlebnisse. „Umarmen“ möchten sie so einige ihrer „Kunden“, weil vieles gut läuft und prima Fortschritte im Zusammenleben erkennbar sind. Unbedingt erwähnen möchten sie auch das Ehepaar Wilma und Wolfgang Haupenthal, die sich um die kleine Minderheit der Menschen aus Eritrea rührend kümmern. Ob Job oder Ausbildung, ob Sprach- und Mathe-Unterricht oder menschliche Zuwendung  - die Haupenthals hätten sich ganz wunderbar ins Zeug gelegt. Und auch dieses Engagement trage mittlerweile Früchte.

Einige Syrer, so Peter Bastian auf Nachfrage, hätten nach Ankunft im Saarland einen gewaltigen Kulturschock erlitten: „Sie kamen mit falschen Vorstellungen.“ Es sei ihnen, von wem auch immer, der Floh ins Ohr gesetzt worden, dass hierzulande jeder Mensch wohlhabend sei. Und das ohne eigenes Zutun. Das zurechtzurücken und zu erklären, dass es hier sehr wohl arme Menschen gibt und dass alle für das, was sie haben, von morgens bis abends arbeiten müssen - auch dies kam eindringlich zur Sprache. Ebenso unsere Bürokratie, wo alles einen korrekten, wohlgeordneten Ablauf nimmt - mit Formularen, Genehmigungen, Bescheinigungen etc. Das braucht eben seine Zeit, was manch einer nicht verstehe.

Die Arbeit reißt im Kompass nicht ab. Es gibt zu viel zu tun, als dass man sich entspannt zurücklehnen könnte. Immer wieder tun sich neue Herausforderungen auf. Doch Monique Broquard und Peter Bastian nehmen sie beherzt und unerschrocken an. Täglich werden sie klüger. Und ihre Klintel, die Neubürger, nicht minder.

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