"Im Herzen Deutscher" Beeindruckender Leserbrief von 1935

Saarbrücken · Ein beeindruckendes Dokument, wie man sich als Jude vor der „Saarabstimmung“ fühlte, ist ein  Leserbrief im Nachrichtenblatt das Synagogen-Gemeinde, in dem es auch um die „Deutsche Front“ geht (Zusammenschluss von fünf Parteien, darunter die NSDAP): „Ich bin in einem Ort des Saargebietes geboren und habe dort, wie meine Vorfahren, mein ganzes Leben verbracht in enger Verbundenheit mit den Menschen in meiner Umgebung. lch brauche Ihnen wohl nicht auseinanderzusetzen, welche Sorgen ich infolge der politischen Umwälzung für meinen Lebensabend und für das Schicksal meiner Kinder habe, von denen übrigens zwei im Felde verwundet wurden.

Trotz dieser Sorgen bin ich im Herzen Deutscher geblieben und will es bis an mein Ende bleiben. Ich will in derselben Erde ruhen wie meine Vorfahren.

Vor einigen Tagen ist man an mich wegen Eintritts in die ‚Deutsche Front’ herangetreten. Ich bin dadurch in eine schwere seelische Bedrängnis geraten. Weiß ich doch, daß Zeitungen der ‚Deutschen Front’ seit vielen Monaten uns Juden bekämpfen und unterschiedslos schlecht machen. Auch höre ich immer wieder, daß ... uns gedroht wird. Aus eigener Erfahrung weiß ich auch, daß die Juden an manchen Orten des Saargebietes offen und versteckt boykottiert werden ... Was soll ich tun?“

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