Tag der Archive Ihr Wert ist unermesslich

Saarbrücken · Unterwegs im Landesarchiv beim Tag der Archive. Was dort gelagert wird, ist meistens nicht zu ersetzen.

Durch zahlreiche Türen und Gänge führen am Samstagnachmittag die Wege der Besucher des Landesarchivs in Scheidt. Dann kommen sie in die kahlen Räume mit etwas trockener Luft und Leuchtstoffröhren an der Decke. Allerlei Regale, Schränke und Ordner erwecken die Neugier der Besucher, der Grund, weshalb sie heute hier sind. Was wird hier aufbewahrt und wie? Nach welchen Kriterien wird ausgewählt, was archiviert wird?

Diese und andere Fragen konnten beim Tag der Archive geklärt werden. Dieser Aktionstag wird alle zwei Jahre vom Verband der Archivare organisiert und stand in diesem Jahr unter dem Motto „Demokratie und Bürgerrechte“, passend dazu wurden Fotografien der 68-Bewegung ausgestellt. Die Mitarbeiter des Landes- und Stadtarchivs boten Hilfestellung bei Recherche, Familienforschung oder beim Entziffern von alten Schriften und führten durch ihre Räumlichkeiten.

Die Besucher konnten bei einer Führung einen vagen Eindruck gewinnen, was dort alles gelagert wird. „Ich war schon öfter hier und habe das gesamte Fotoarchiv durchgeguckt, einfach weil es mich interessiert“, erzählt einer der Besucher. Trotzdem gibt es auch für ihn immer Neues zu sehen. Schon im ersten Raum können wahre Schätze bewundert werden. Peter Wertmann-Jungblut zeigt Karten aus der Sammlung von Fritz Hellwig, der im vorigen Jahr mit 104 Jahren verstorben ist und dem Archiv 800 Karten vermacht hat, mitunter sehr wertvolle. „Das hier ist ein Original von 1513, die Karte ist etwa 5000 Euro wert“, erklärt Wertmann-Jungblut. Erstaunt blickt die 20-köpfige Runde auf den Tisch in der Mitte. Diese gut erhaltene Karte, ohne jegliche Altererscheinungen soll über 500 Jahre alt sein? Unglaublich. Aber genau das ist die Aufgabe des Archivs. Unter speziellen Bedingungen kann man die Archivarien beinahe unverändert konservieren.

Aber man  kann nicht alles aufheben. Das Landesarchiv hat seine Aufnahmekapazitäten bald erreicht. Nur fünf Prozent des Angebotenen können überhaupt archiviert werden. Alles, was die Zeit des Nationalsozialismus betrifft, zum Beispiel Personalakten, muss aufbewahrt werden, das ist eine feste Regel. Bei anderen Bereichen ist die Meinung der Archivare gefragt: Was ist archivwürdig und was nicht? Keine einfache Frage.

Jedes Jahr kommen zahlreiche Akten der Ämter und Behörden im Landesarchiv an. Von den Gerichten oder Ministerien beispielsweise. Auch die Parteien schicken zum Beispiel ihre Wahlplakate. „Die Wahlplakate heben wir eigentlich alle auf“. Heutzutage allerdings meistens die digitale Variante.

Jedoch sei auch die Digitalisierung keine Allzwecklösung. „Wer weiß, ob wir in ein paar hundert Jahren noch die richtige Soft- und Hardware zum Lesen haben?“, fragt Peter Wertmann-Jungblut. Auch beim neuen, säurehaltigen Papier und bei Zeitungen ergeben sich Probleme, weil sie sich mit der Zeit zersetzen, Probleme, die es mit den älteren Archivarien weniger gibt.

Nach dem Sortieren werden die einzelnen Stücke gereinigt. Mit speziellen Naturkautschukschwämmen entfernen studentische Hilfswissenschaftler Staub, und auf einer Reinarbeitsbank kann mithilfe von Unterdruck sogar Schimmel entfernt werden. „Eine unendliche Aufgabe, und wir haben zu wenig Personal“, sagt Wertmann-Jungblut bedauernd. Er und seine Kollegen würden sich auch neue, größere Räumlichkeiten wünschen, mit wasserdichten Decken. Denn abgesehen vom finanziellen Wert, der in der Sammlung steckt, ist der ideelle unermesslich. Viele Stücke sind unersetzbar.

Nach einer Stunde Führung sind noch nicht ansatzweise die Räume des Archivs erkundet, und man merkt es vielen Besuchern an, dass sie wohl nicht zum letzten Mal hier waren.

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