Schulleiterin geht in Pension „Ich war Lehrerin mit Haut und Haaren“

Saarbrücken · Nach fast vierzig Jahren an einer der größten Berufsschulen des Saarlandes geht die Leiterin in den Ruhestand.

 Rita Lauer.

Rita Lauer.

Foto: Bohlmann Jana

Rita Lauer hat jetzt Zeit. Nach 39 Jahren im Berufsleben hat sie Zeit, etwas Neues zu beginnen. Einen Plan hat sie nicht. „Ich habe keinen Lebenstraum, den ich mir erfüllen möchte. Ich will einfach nur zufrieden sein“, erklärt die 66-Jährige. Sie lässt alles auf sich zukommen und vertraut darauf, dass dieser Neuanfang ein guter wird.

An einem ihrer letzten Tage in diesem Schuljahr sitzt Rita Lauer, Leiterin des Technischen Gewerblichen Berufsbildungszentrums 1 (TGBBZ), in ihrem Büro. Hier hat sie die letzten vier Arbeitsjahre verbracht. Der Raum erzählt nicht viel. Persönliches findet man kaum. Auf dem Schreibtisch steht eine weiße Orchidee. Bevor Rita Lauer es an diesen Schreibtisch geschafft hat, war sie Lehrerin aus Leidenschaft. Einen anderen Arbeitsplatz kann sich die studierte Bauingenieurin aber nicht vorstellen. Und einen besseren auch nicht.

Rita Lauer ist eine zierliche Frau und eine starke Persönlichkeit. Ihr Alter merkt man der Schulleiterin nicht an. Sie wirkt jünger. Sie lacht viel, aber antwortet immer mit Bedacht, nie leichtfertig.

Jetzt geht Rita Lauer in Pension und lässt fast ein ganzes Leben hinter sich. 39 Jahre hat sie an dieser Berufsschule verbracht. Vom Referendariat hat sie sich bis nach ganz oben hochgearbeitet. Sie wollte etwas ändern – in jeder Hinsicht.

„Ich weiß eigentlich auch nicht genau, warum ich Lehrerin werden wollte“, erzählt sie und schaut nachdenklich aus dem Fenster. Sie überlegt. „Ich weiß es wirklich nicht, aber ich weiß, dass es richtig war.“ An einer anderen Schule war sie nie. Selbst ihr Referendariat hat sie am TGBBZ absolviert und war viele Jahre lang als Lehrerin tätig. Dann kam der Aufstieg. Erst wurde sie stellvertretende Abteilungsleiterin, dann Abteilungsleiterin, bevor sie 14 Jahre Stellvertreterin der Schulleitung war. Um einen möglichst großen Karrieresprung ging es der Schulleiterin nie. „Ich war schon davor Lehrerin mit Haut und Haaren. Es war für mich aber auch immer ein Faktor, die berufliche Bildung in den gesellschaftlichen Fokus zu bringen“, sagt Rita Lauer.

Das TGBBZ ist eine der größten Berufsschulen im Saarland. Für 1800 Schüler und 80 Lehrer war Rita Lauer verantwortlich. Angst machte ihr das nicht – ganz im Gegenteil. Sie sah die vielen Möglichkeiten. Am Herzen lag ihr vor allem der Ruf der Berufsschule. „Berufliche Bildung ist nur sehr schleppend in der Gesellschaft angekommen. Das wollte ich ändern. Es muss deutlich werden, dass es neben dem Abitur noch viele weitere Wege für junge Menschen gibt“, erklärt sie.

Gegen diesen „schlechten Ruf“ wollte sie etwas tun und sorgte dafür, dass das TGBBZ „zu einer hochmodernen Schule“ wurde, Schüler fachlich noch besser vorbereitet, dass Austauschprogramme angeboten wurden und dass das TGBBZ mit dem Siegel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ ausgezeichnet wurde.

Stolz ist Rita Lauer auf sich. Stolz, weil sie viel geschafft hat, viel verändert hat. Stolz war sie auch, als sie Schulleiterin wurde. „Es war etwas ganz Besonderes, als Frau eine technische Schule zu leiten“, erinnert sie sich. „Ich bin damals auf eine verschworene Männerwelt gestoßen. Es war auch meine Motivation, das zu ändern, und es allen zu zeigen.“ Schwer gefallen sei ihr das aber nicht, meint Rita Lauer. Immerhin war sie vor ihrer Schulkarriere in der Bauwirtschaft, und nur eine von wenigen Frauen zu sein war ihr nicht fremd. Als Kampf der Geschlechter habe sie es aber nie gesehen.

An einem ihrer letzten Arbeitstage hat sich vor ihrem Büro eine Schlange gebildet: Kolleginnen und Kollegen, die Rita Lauer tschüss sagen wollen.

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