Hope, ein Bild der manchmal falschen Hoffnung „Hope“ – Die Hoffnung im Tennisdress

Saarbrücken · Der Medienkünstler Michael Koob präsentierte jüngst beim Herbstsalon im Atelierhaus KuBa sein Werk „Hope“. Uns interessierte die Geschichte hinter dieser außergewöhnlichen Fotomontage.

Schon wieder ein Schlauchboot auf offener See. Knapp 50 erwachsene Afrikaner sitzen darin. Hmm. So eine Flucht ist bitter, keine Frage. Diese ganzen traurigen Schicksale, die latente Lebensgefahr. Aber beim gefühlten 1000. Mal fällt es langsam schwer, sich da noch emotional irgendwo einzuklinken.

Stopp: Wieso tragen die alle weiße Tennissachen? Und sind da nicht die Saarbrücker Max Bousso, Mamadou Diallo und Lamine Conté zwischendrin? Je länger man das 150 mal 100 Zentimeter große Foto anschaut, desto mehr verstärkt sich der Eindruck: Hier stimmt irgendetwas ganz und gar nicht. Bis auch dem Letzten dämmert: Das ist eine Fotomontage. Der Künstler dahinter heißt Michael Koob. 43 Jahre alt, gebürtig in Ottweiler, sammelte er schon früh Erfahrungen mit Mediengestaltung, erst für die Schülerzeitung am Gymnasium, ab 15 beim Offenen Kanal in Saarbrücken.

Besonders geprägt hat ihn die Bekanntschaft und spätere Freundschaft zu Thomas D von den Fantastischen Vier, mit dem er etliche Dokumentationen drehte. Das Studium der neuen künstlerischen Medien an der Hochschule der Bildenden Künste Saar schloss er als Meisterschüler von Professorin Christina Kubisch ab.

Während sich bei ihm heute privat alles um den fast zweijährigen Sohn dreht, hat Koob seinen beruflichen Fixpunkt im Atelier für Film und Medienkunst im KuBa - Kulturzentrum am Eurobahnhof. An der Kunst mag er vor allem die damit verbundene größtmögliche Freiheit. Sprich, gestalten zu können, wie und was man möchte, mit den Mitteln der eigenen Wahl. Selbst hochdotierte Manager könnten nur davon träumen, von Politikern ganz zu schweigen, sinniert Koob bei unserem Atelierbesuch.

Die Idee zu „Hope“, so der Titel des Bildes, war ihm schon vor dreieinhalb Jahren gekommen. Damals, als es los ging mit diesen allabendlichen Bildern von Flüchtlingsbooten, die die Fahrt übers Mittelmeer wagen. „Ich hatte das Gefühl, das es wichtig wäre, ein Statement dazu zu finden.“ Generell muss Kunst nicht politisch sein, findet Koob. Trotzdem sei es wichtig, dass die Kunst „bei solchen Ereignissen Position bezieht. Sichtweisen liefert.“

Um das zu erreichen, entschied er sich in diesem Fall für Ästhetisierung mittels Uniformierung. „Das ermöglicht einen ganz anderen emotionalen Zugang“, glaubt Koob. Tennis selbst stehe nach wie vor für „unsere westliche Dekadenz, ganz anders als Fußball“.

Blieb die Frage nach der Realisierung. „Da kam auch der Gedanke, das mit echten Flüchtlingen zu tun.“ Doch das wäre „eine Zumutung gewesen“, diese existentielle, traumatische Situation noch einmal zu erleben. Bousso und Diallo kannte Michael Koob persönlich, alle anderen Protagonisten warb er während der Afrika-Woche im Saarbrücker Haus Afrika an. „Die meisten Personen, die ich dort ansprach, haben bereitwillig mitgemacht.“

Das Foto-Shooting selbst war eine größere Geschichte. 15 bis 20 Minuten dauerten die Aufnahmen pro Person vor dem Greenscreen, der grünen Leinwand. 15 Modelle waren es, die Koob später digital zu einer Schicksalsgemeinschaft zusammen „schnitt“. Den Frauen und Männern war es selbst überlassen, wie sie in der Rolle als Flüchtling posieren. „Ich wollte nicht vorgeben, wie sie sich zu fühlen haben.“

Das Spektrum reicht von Verzweiflung angesichts der Situation, die zu dieser Flucht führte, über Angst, ob man diese Fahrt überleben wird und vor dem, was kommt, bis hin zu Trauer über das, was und wen man zu Hause zurücklassen musste. Aber manchmal gewann auch die Hoffnung Oberhand, und die Freude auf das, was kommt, „Hope“ eben.

Gelohnt hat sich die Mühe jedenfalls. „Wenn dem Bild eine Chance gegeben wurde, hat es schon tiefe Reaktionen ausgelöst und Diskussionen zu dem Thema“, berichtet Michael Koob. „Was genau das ist, was ich möchte.“

www.koob.tv

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