Frauen Historie und Vielfalt des Feminismus
Saarbrücken · Im Digitalen Deutschen Frauenarchiv lässt sich Frauen- und Lesbengeschichte nun online erforschen. Auch die saarländische.
Wer einen Blick in die Geschichtsbücher wirft, könnte meinen, dass es ausschließlich Männer sind, die Menschheitsgeschichte geschrieben haben. Die Frau und ihr Handeln werden im öffentlichen Diskurs gekonnt ignoriert. Doch damit soll nun Schluss sein.
Mit dem Koalitionsvertrag von 2013 wurde das Ziel gesteckt, Frauengeschichte in einem zentralen Archiv aufzubewahren und aufzuarbeiten. Mit dem Onlinegang des Digitalen Deutschen Frauenarchives (DDF) am 13. September wurde dieses Vorhaben umgesetzt. Auch die FrauenGenderBibliothekSaar (FGBS) leistet dazu ihren Beitrag.
Für das Team der FGBS kommt das DDF „genau zur rechten Zeit“. Die Errungenschaften der Frauenbewegungen werden wieder weniger wertgeschätzt, das Ungleichgewicht der Geschlechter ist noch immer nicht ganz aufgebrochen.
Dabei hat die Frauenbewegung 2018 gleich zwei Jubiläen zu begehen: 100 Jahre Frauenwahlrecht und 50 Jahre historischer Tomatenwurf. „Frauen machen Geschichte“ lautet daher das Jubiläums-Motto des i.d.a-Dachverbandes (informieren, dokumentieren, archivieren), der 40 Lesben-/Frauenarchive, -bibliotheken und -dokumentationsstellen aus Deutschland, Österreich, Luxemburg, Italien und Schweiz vernetzt.
Bisher konnten mit der zentralen Nachweisdatenbank „Meta“ Archiv- und Bibliotheksbestände der i.d.a.- Einrichtungen nachvollzogen und recherchiert werden. Mit dem vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) geförderten DDF kann dieses Angebot nun erweitert werden.
„Das DDF ist kein reiner Katalog mehr, sondern inhaltlich aufbereitet und schön visualisiert“, sagt Gesine Kleen, Fachkraft für das DDF in der FGBS. Digitalisate verschiedenster Archivalien machen die Frauen- und Lesbengeschichte sichtbar, ja fast schon greifbar. Von Plakaten über Fotografien, bis hin zu Schriftstücken, Handzetteln und Sitzungsmitschriften verschiedener Frauenverbände ist alles dabei.
Zudem werden bekannte und weniger bekannte Persönlichkeiten der Frauenbewegung vorgestellt. Die Vernetzungen der Akteurinnen kann man sich auf einer riesigen Karte darstellen lassen. Essays zu verschiedensten Aspekten der Frauenbewegung und eine Themensuche runden das Konzept des DDF ab.
Die verschiedenen i.d.a.-Einrichtungen rücken zudem auch regionale Aspekte der Frauenbewegung in den Fokus. So ergibt sich „ein regionaler Blick auf die Vielfalt an Feminismen“, betont Gesine Kleen. Sucht man nach dem Stichwort „Saarbrücken“, finden sich Essays zu den einstigen saarländischen Frauenzeitungen „Lila Distel“ und „Donna Wetter“ oder zur autonomen Frauenbewegung in Saarbrücken, an welcher Anette Kleinhorst vom Vorstand des FGBS selbst beteiligt war. Auch wichtige Akteurinnen der saarländischen Frauenbewegung wie Klara Fassbinder oder Marie E.P. König werden vorgestellt. Insgesamt sind 96 Digitalisate der FGBS zur saarländischen Frauenbewegung online.
„Der Online-Gang war ein fulminanter Start, trotzdem muss der Prozess jetzt weitergehen“, gibt sie außerdem zu. Einerseits müssen bei vielen Archivalien noch die Rechte geklärt werden, bevor sie online gehen können. Andererseits sind auch Privatpersonen dazu aufgerufen, Materialien wie Protokolle, Flugschriften, Plakate, Zeitschriften und Briefe zum DDF beizusteuern.
„Das ist ein großes Feld, was es zu beackern gilt – und wir Frauen zeigen jetzt mal, wie so etwas umsetzbar ist“, lacht Gesine Kleen.
Projekte wie das DDF sind immer auch abhängig von politischem Engagement. Genauer gesagt: Von staatlicher Förderung. Dass die FGBS da sowieso schon eine Art „Leuchtturm“ darstellt, betont Bibliothekarin Margarethe Kees.
Die DDF-Stelle von Gesine Kleen wurde lediglich für ein Jahr vom Staat gefördert. Danach sprang dann das Land ein. Ohne diese Weiterförderung wäre das Projekt DDF, zumindest in Saarbrücken, abgebrochen worden. Und somit wahrscheinlich ein Großteil der saarländischen Frauen- und Lesbengeschichte in Vergessenheit geraten.
