Eine erfolgversprechende Art des Lernens Hier trifft Teamgeist auf Lernerlebnis

Dudweiler · Die Gemeinschaftsschule in Dudweiler kooperiert mit dem bundesweit tätigen Verein Chancenwerk.

 Eine erfolgversprechende Art von Nachhilfe gibt es jetzt an der Gemeinschaftsschule Dudweiler.

Eine erfolgversprechende Art von Nachhilfe gibt es jetzt an der Gemeinschaftsschule Dudweiler.

Foto: picture alliance / dpa/Patrick Pleul

So ein Bohei um ein bisschen Schülernachhilfe? Immerhin sitzt mit Reinhard Klimmt hier im Konferenzraum der Gemeinschaftsschule Dudweiler ein Ex-Bundesminister am Tisch, vier Direktoren weiterführender Schulen, dazu etliche Lehrer, Schüler – und ein Fernsehteam. Tatsächlich dreht es sich heute nicht um irgendeine 0-8-15-Nachhilfe, sondern um „Chancenwerk“. Der gemeinnützige Verein und Träger der freien Jugendhilfe mit Sitz im nordrheinwestfälischen Castrop-Rauxel wirkt aktuell in 76 Schulen in neun Bundesländern. Methodisch basiert das selbstentwickelte Lernförderprogramm namens Lernkaskade auf der „Peer-Education“ (Lernen auf Augenhöhe) und kombiniert Teamgeist mit Lernerlebnis.

Den weitesten Anfahrtsweg – aus dem Ruhrgebiet – nahm Murat Vural für diesen Pressetermin auf sich. Aufgrund eigener Erfahrungen mit dem deutschen Bildungssystem hatten er und seine Schwester Şerife, Kinder türkischer Gastarbeiter, den Verein vor 14 Jahren gegründet. „Bildungserfolg ist vom sozialen Status und dem Einkommen der Eltern abhängig“, betonte Vural. Er weiß noch zu gut, wie es sich anfühlt, potentieller Bildungsverlierer zu sein. Mit viel Fleiß und Durchhaltekraft kämpften er und Şerife sich damals von der Hauptschule bis an die Hochschule durch. Damit es andere leichter haben, gründeten die Geschwister den Verein „Chancenwerk“, der Preise noch und nöcher abräumt und Murat Vural als Vorsitzendem zum Bundesverdienstkreuz verhalf: „Von unserer Förderung profitieren sowohl Kinder mit Migrationshintergrund als auch Kinder aus einkommensschwachen Familien.“.

Womit man vor Ort angelangt wäre. Warum sie „Chancenwerk“ hierher geholt haben, nahm Schulleiter Wolfgang Dietrich die Frage der Gäste vorweg: „Ganz einfach: Der Verein ist auf uns zugekommen vor einem Jahr.“ Mit der Globus-Stiftung, in deren Beirat sich Reinhard Klimmt ehrenamtlich engagiert, gab es einen Geldgeber im Saarland, aber noch keine Schule, der man etwas Gutes tun konnte. Groß überredet werden brauchte das Dudweiler Kollegium nicht. Das passt sehr gut in unser Schulkonzept, lautete unisono die Meinung. „Es ist schön, einen Partner zu haben, der die Verwaltung übernimmt“, nannte Dietrich einen großen Vorteil dieser Kooperation. Daneben besticht bei „Chancenwerk“ vor allem der solidarische Gedanke: Helfen doch ältere Schüler jüngeren bei der Erledigung ihrer  schulischen Aufgaben. Im Gegenzug erhalten sie kostenfreie Lernhilfe durch Studenten.

Mit der Umsetzung der Lernkaskade an der Gemeinschaftsschule Dudweiler seit September 2017 unterstützt der Verein zurzeit 64 der insgesamt 1000 Schüler dabei, sich schulisch zu verbessern. Wobei das erklärte Ziel sei, das Angebot auszuweiten, um noch mehr Kinder zu erreichen und so die soziale Wirkung zu erhöhen, wie Nina Roob von „Chancenwerk“ darlegte. Zweiter saarländischer Partner wird in Kürze eine Schule in Saarlouis sein.

„Meine Mutter hat mich hingeschickt“, verriet Sechstklässler Tim. Seine Nachhilfe-„Lehrer“ für Mathe und Englisch, Schülerinnen der 9. und 10. Klasse, seien „sehr nett; die helfen auch, wenn man was nicht weiß“. Erfolge zeigen sich bereits bei den Noten, „und ich traue mich, mehr nachzufragen“. Das Besondere in Dudweiler ist, dass etwa die Hälfte der 26 Oberstufenschüler, die die Jüngeren per Lernkaskade coachen, selbst keine Nachhilfe in Anspruch nehmen – und somit ehrenamtlich tätig sind. Wie Lina: „Ich mag es, mit den Kleinen zu arbeiten.“ Damit teste sie für sich schon ein bisschen aus, ob so etwas beruflich in Frage kommt. Schöner Nebeneffekt: Ab und zu erlebt Lina einen Aha-Effekt, wenn sie Sachen versteht, die ihr als Sechstklässlerin einst verschlossen blieben.

„Total begeistert“ von „Chancenwerk“ zeigte sich Kai Wilhelm. Der Lehramtsstudent (Mathe/Chemie) ist an der Gemeinschaftsschule als Lernkoordinator im Einsatz. „Schön finde ich, dass das Finanzielle nicht im Vordergrund steht.“ Er selbst habe den „ganz großen Drang, Wissen weiterzugeben und Schülern zu helfen.“

Womit er beim Verein „Chancenwerk“ goldrichtig ist.

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