Tatkräftige Hilfe für ein etwas besseres Leben

Malmesbury/Heusweiler · Mariam Nimmesgern aus Heusweiler ist derzeit in Südafrika. Nicht etwa Weihnachtsferien machen, sondern im Rahmen eines freiwilligen sozialen Jahres. Die 19-Jährige kümmert sich im Rahmen eines Projektes in gut 9300 Kilometer Entfernung in dem Ort Malmesbury um unterprivilegierte Kinder. Per Mail schildert sie uns ihre Erlebnisse.

 Mariam Nimmesgern aus Heusweiler im Freiwilligendienst bei der Kinderbetreuung in der „Elkana Childcare“ im südafrikanischen Malmesbury. Fotos: Nimmesgern

Mariam Nimmesgern aus Heusweiler im Freiwilligendienst bei der Kinderbetreuung in der „Elkana Childcare“ im südafrikanischen Malmesbury. Fotos: Nimmesgern

 Ein bisschen Spaß muss sein ... und bekanntlich geht mit Musik ja ohnehin alles leichter.

Ein bisschen Spaß muss sein ... und bekanntlich geht mit Musik ja ohnehin alles leichter.

Bevor ich meinen Freiwilligendienst in Südafrika vor gut zwei Monaten begonnen habe, wusste ich nicht sehr viel über das Land. Ich informierte mich zwar über Sprache , Währung und Gesellschaft und erhielt beim Vorbereitungsseminar wichtige Instruktionen, doch hatte ich noch keine genauen Vorstellungen. - Das hat sich mittlerweile gründlich geändert! Ich lebe zusammen mit zwei Weggefährtinnen bei einer netten Familie in einem großen Haus im "Weißenviertel" von Malmesbury. Wir haben eine eigene Küche, ein Bad- und Wohnzimmer und zwei voll ausgestattete Schlafzimmer mit Blick auf die Berge. Die Verpflegung müssen wir selber übernehmen und managen, was gar nicht so leicht ist, wenn man noch nie zuvor einen eigenen Haushalt hatte.

Gemeinsam mit einer WG-Partnerin arbeite ich auf der anderen Seite der Stadt in der "Elkana Childcare" im Township, einem Kinderheim mit Nachmittagsbetreuung für Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 18 Jahren. Morgens um 6 Uhr rappelt der Wecker, dann frühstücken wir zusammen und verlassen gegen 7 Uhr das Haus, um uns auf den Weg zur Taxistation zu machen. Dort steigen wir in ein meist noch leeres "Minitaxi", einen kleinen Bus, in dem wir so lange warten, bis alle 14 Plätze belegt sind. Das kann gut eine Stunde dauern, während sich die Taxifahrer draußen unterhalten.

Eine Fahrt von der Taxistation zur Elkana Childcare kostet um die 7 Rand, also umgerechnet 46 Cent. In der Elkana angekommen, ist erstmals ein kurzes "Kaffeekränzchen" mit den Mitarbeitern in der "Staff-Kitchen" ("Mitarbeiter-Küche") angesagt, da die Kinder bis 14.30 Uhr in der Schule sind. Danach wird das Essen für die Nachmittagsbetreuung und das Heim vorbereitet, das drei Mal in der Woche darin besteht, 18 Pakete Brot zu buttern und zu belegen für die insgesamt 125 Kinder.

Sobald die Kinder zwischen 14.30 und 15 Uhr aus der Schule kommen, gebe ich das Essen aus, und der "Cooldrink" darf auch nicht fehlen. Dann ist Kinder beschäftigen angesagt. Gar nicht so leicht, wenn die Kinder Vorschläge nicht annehmen wollen. Aber dafür habe ich schon einige ihrer Klatsch- und Springspiele gelernt. Oft besuchen wir auch den benachbarten Spielplatz oder spielen Fußball auf dem "Field", großen Rasenplatz der Elkana.

Die größte Herausforderung für mich besteht jedoch nicht darin, die Kinder zu beschäftigen, sondern mich mit ihren Schicksalen auseinanderzusetzen, die oft grausam sind. Doch diese Kinder sind so stark, liebebedürftig, energiegeladen und lebensfroh, dass sie wiederum mir geholfen haben, besser mit ihnen umzugehen. Durch die Erlebnisse mit den Kindern habe ich erst erkannt, unter welch behüteten Umständen wir in Deutschland aufwachsen können.

Am Wochenende nutzen wir die freie Zeit, unsere Umgebung zu erkunden. Wir besitzen seit kurzem ein Auto und haben schon Touren durch die Weingüter oder nach Kapstadt unternommen. Durch die Gegend zu fahren ohne einer bestimmten Route zu folgen, sich treiben zu lassen und überall offen empfangen zu werden, ist ein tolles Gefühl und entspricht offenbar ganz dem südafrikanischen Lebensstil. Auch die Natur hat einiges zu bieten: Von Flachland über Hügel bis zu hohen Bergen, von kargen Weideabschnitten zu blühenden Feldern, von großen Spinnen bis zu kleinen neonfarbenen Vögeln, von Kakteen bis zu knalligen Blumen - und nicht zu vergessen der Atlantik!

Südafrika ist ein Land großer Kontraste, in dem Arm und Reich aufeinander treffen, unterschiedliche Menschen und Kulturen zusammenleben und verschiedenste Vegetationszonen für Abwechslung sorgen. Und für mich ist es nun auch ein Land, das man unbedingt einmal in seinem Leben bereist haben sollte.

Von unserem "Weißen-Wohnviertel" aus betrachtet befindet sich auf der anderen Seite der Stadt die Westbank, also der Stadtteil mit Township, das in die Favela übergeht. "Townships" sind Wohnsiedlungen, die während des Rassenregimes und der Rassentrennung in Südafrika errichtet wurden (erste freie Wahle für alle waren 1994) und ausschließlich für die schwarze und farbige Bevölkerung vorgesehen waren. Bis heute hat sich dahingehend nur so viel verändert, dass in den Townships, deren Häuser aus Stein erbaut sind, vorwiegend die "Coloreds" ("Farbigen") leben - gemeint sind Menschen, deren Hautfarbe nicht ganz "schwarz" ist und die auch europäische Vorfahren haben - während in den Favelas, deren Häuser aus Wellblech bestehen, zumeist die schwarze Bevölkerung mit ausschließlich afrikanischen Vorfahren lebt.

Die Farbigen unterhalten sich in Afrikaans, eine Sprache , die aus dem Niederländischen des 17. Jahrhunderts entstanden ist. Die schwarze Bevölkerung spricht "Xhosa", das sich durch Knacklaute auszeichnet und die Sprache des Bantu-Volks der Xhosa ist. Trotz der gemeinsamen tiefen Religiosität und der Liebe zu Musik und Tanz trennen sich die "Coloreds" klar von den "Schwar- zen" ab und umgekehrt.

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