„Es soll sein wie im richtigen Leben“

Heusweiler · Im Minisaarland regieren, arbeiten, gestalten und verwalten die Kinder. Erwachsene haben in dieser Welt nur begrenzt Zutritt. Zum fünften Mal findet das kostenlose Ferienprojekt statt – in diesem Jahr in Heusweiler.

Ihre Agentur gibt es noch keine Stunde und schon ist der erste Auftrag da. "Der Beautysalon hat ein Plakat bei uns bestellt", sagt Werbegestalter Leon. Dabei haben die Auftraggeberinnen konkrete Vorstellungen: Der Eiffelturm muss zu sehen sein. Gemeinsam mit Freund Jan sucht der Zwölfjährige am Computer eine Zeichnung aus. "Über den Preis von sechs Saarminis waren wir uns schnell einig", sagt er. Am ersten Tag des Ferienprojekts Minisaarland in der Heusweiler Friedrich-Schiller-Schule wollen die Mädchen im Schönheitssalon zunächst mit Werbung ihre Angebote - Nägel lackieren: 3 Saarminis (SM), Schminken: 5 SM, Kopfmassage: 2 SM - bekannter machen.

Das gesamte gesellschaftliche Leben abbilden und selbst gestalten - das ist die Idee hinter der Kinderspielstadt, die gestern und für die kommenden drei Wochen eröffnet hat. "Es soll sein wie im richtigen Leben, aber Eltern müssen hier draußen bleiben", stellt der Vorsitzende des gemeinnützigen Vereins Minisaarland, Norbert Gutenberg, gleich zu Beginn klar. Projektpartner ist die ABG gGmbH. Wollen Eltern die Spielwelt kennenlernen, müssen sie zuvor einen Termin in der Tourismuszentrale für eine Führung vereinbaren.

Damit in der Erwachsenenwelt im Klein-Format das Miteinander friedlich verläuft, geht die Polizei Streife. "Ich versuche, viel zu helfen", sagt der elfjährige Niklas. Er kann sich vorstellen, nach der Schule Polizist zu werden und will hier erste Erfahrungen sammeln. Polizistin Mareike Wettmann von der Jugendverkehrsschule in Neunkirchen verteilt die Dienstausweise und erklärt den kleinen Kommissaren zunächst eine Regel: "Wir können nicht einfach ohne Grund jemanden verhaften."

Morgen wählen die Bürger den Ministerpräsidenten und die Regierung. Der Wahlkampf ist schon in der Vorbereitung.

Noch warten Chelsy, Yara, Zoë und ihre Freundinnen in der Nähstube auf ihren ersten Auftrag. Solange nähen sie Sachen, die ihnen selbst gefallen: Taschen, Kissen, Handyhüllen. Derweil hat die Feuerwehr schon ihren ersten Einsatz. "Wasser Marsch!" rufen die Retter an den Schläuchen. Christian (8) dreht am Wasserverteiler die Hebel auf - schon spritzen aus drei Schläuchen die Fontänen sieben Meter hoch. Vom Dach des Löschfahrzeugs steuert Löschbezirksführer Jason - die anderen Kinder haben ihn zu ihrem Chef gewählt - den Wasserwerfer. Er will demnächst in die Jugendfeuerwehr in Heusweiler eintreten. Die Freiwillige Feuerwehr Heusweiler kümmert sich ehrenamtlich um den Nachwuchs, übt neben dem Feuerlöschen, die Personenrettung und das Entfernen einer Ölspur.

Daneben gibt es im Minisaarland Einblicke in verschiedene Handwerksberufe , eine Bank, einen Großhandel , eine Uni, Kunst- und Sportprojekte.

Vom großen Ansturm ist die Post im Minisaarland bislang verschont geblieben. "Ich bin froh, dass hier eine Stelle frei war, sonst wäre ich noch arbeitslos", sagt der 13-jährige Jan-Luca aus Saarbrücken. Wie in der Erwachsenenwelt hätte er sich dann im Arbeitsamt nach einem Job erkundigen können. Arbeitslos muss im Minisaarland jedoch keiner sein. "Für den ersten Tag haben sich 200 Kinder angemeldet, wir sind aber gerüstet für 500 bis 600 pro Tag", sagt Claudia Fuchs vom Vereinsvorstand.

Jede Stunde können die Kinder kündigen und sich einen neuen Beruf suchen. Alle Jobs werden übrigens gleich mit fünf Saarminis pro Stunde bezahlt - einer fließt jedoch als Steuer ans Finanzamt.

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Auf einen BlickAnmeldungen sind für einzelne Tage oder auch wochenweise, für Einzelteilnehmer und Gruppen, noch möglich. Teilnehmen können Kinder von acht bis 15 Jahren. Die Teilnahme ist kostenlos. Ein warmes Mittagessen kann für drei Euro pro Tag bestellt werden. Anmeldung unter Telefon (0 68 06) 95 21 558 oder per E-Mail: info@abggmbh.de. uklminisaarland.de

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