Berschweiler Ölmühle Holz im Getriebe – das gibt’s sonst nirgends

Heusweiler · Die Berschweiler Ölmühle mit ihrer einzigartig erhaltenen Holz-Mechanik wird 250 Jahre alt. Hier wurde alles von Kohl bis Raps zu Öl.

 Die hölzerne Mühlen-Mechanik der Berschweiler Ölmühle ist in ihrem Erhaltungszustand einmalig in Deutschland: Durch das Loch in der Wand kam die Achse des Mühlrades herein, das durch den Wahlbach in Bewegung gehalten wurde und so die großen Zahnräder in der Mühle antrieb.

Die hölzerne Mühlen-Mechanik der Berschweiler Ölmühle ist in ihrem Erhaltungszustand einmalig in Deutschland: Durch das Loch in der Wand kam die Achse des Mühlrades herein, das durch den Wahlbach in Bewegung gehalten wurde und so die großen Zahnräder in der Mühle antrieb.

Foto: Engel

Wer hätte gedacht, dass Heimatgeschichte so erfrischend sein kann? Jedenfalls wenn man in der Berschweiler Ölmühle steht: Im Halbdunkel zwischen den großen Steinquadern ist es, im Vergleich zu den Außentemperaturen, geradezu angenehm kühl. Die historische Ölmühle wird in diesem Jahr 250 Jahre alt – was an drei Terminen gefeiert wird und der Mühle auch neue Besucherkreise erschließen soll (siehe Info). Die Mühle ist nicht nur die einzige samt alter Technik nahezu komplett erhaltene Ölmühle im Regionalverband, auch deutschlandweit findet man ein solches Mühlwerk nicht mehr, denn es besteht fast komplett aus Holz. Keine Metall-Zahnräder waren hier im Einsatz, sondern knarzend, ratternd und laut setzten große, vom Wahlbach und dem Mühlrad angetriebene hölzerne Zahnräder und Antriebswellen die Mechanik in Bewegung: Erst zerkleinerte die „Ölquetsch“ – eine kleine Walzmühle – die Ölfrüchte, die durch ein Rohr aus dem Speicher herunter rieselten. Dann zermalmten die schweren Mühlsteine im Kollergang die groben Stücke zu einem „Brei“, aus dem dann die mächtige Presse das Öl herausquetschte. Die Presse bestand aus einem 800 Kilo schweren, fast sechs Meter langen, grob behauenen Eichenbalken, der auf den „Brei“ niedergedrückt wurde. Zu Öl verarbeitet wurde dabei neben Raps auch Bucheckern, Mohn, Nüsse und sogar Kohl. 1955 hatte der Püttlinger Pfarrer und Heimatforscher Karl Ludwig Rug Erinnerungen des ehemaligen Müllers Friedrich Altpeter notiert, der schilderte, dass schon vier Pfund Haselnusskerne für einen Liter „gutes Öl“ reichten, bei ungeschälten Bucheckern mussten es schon acht bis zehn Pfund für einen Liter sein. 300 Kilo Raps konnten an einem Arbeitstag von 15 Stunden zu 150 Liter Öl verarbeitet werden. Produziert wurden in der Mühle Speise-, aber auch Lampen- und Maschinenöl.

Die Geräuschkulisse, die einst in der Mühle herrschte, wurde Peter Reimann von seinem Urgroßvater Adolf Büch, dem einstigen Besitzer, geschildert. Büch hatte die Mühle noch in Betrieb erlebt. Heute gehört sie Dr. Peter Reimann und seiner Frau Anika Reimann. Inzwischen haben sie auch das neben der Mühle stehende und ebenfalls denkmalgeschützte Gebäude renoviert und zu ihrem Wohnhaus gemacht, 2017 war die Sanierung abgeschlossen, inklusive eines Beinahe-Durchbruchs von Peter Reimann durch eine alte Zwischendecke.

Einst diente das Haus den Müllern als Wohnung und Lager, aber auch als Werkstatt. Denn als Müller musste man handwerkliches Geschick mitbringen, um kleinere Reparaturen und Instandhaltungsarbeiten selbst erledigen zu können. Das alte Werkzeug, das die Reimanns im Haus fanden, kann heute ebenfalls in der Mühle besichtigt werden.

In dem Haus hatte es auch eine Getreidemühle gegeben, von der aber nur noch Spuren zu erkennen waren. Überhaupt war Berschweiler, heute ein Ortsteil von Heusweiler, ein beliebter Mühlenstandort gewesen: In der Nähe gab es noch eine Säge- und eine weitere Mühle am Wahlbach. Und als die Ölmühle vor 250 Jahren entstand, hatte der Müller daneben eine alte Lohmühle betrieben, in der Rinde zur gerbsäurehaltigen „Lohe“ zermahlen wurden, die zur Lederherstellung benötigt wurde. Die erste urkundliche Erwähnung der Lohmühle geht auf das Jahr 1562 zurück. Rund 190 Jahre später erhielt der damalige Lohmüller vom Saarbrücker Fürstenhaus die Erlaubnis, aufs Ölmühlen-Gewerbe umzusatteln: 1752 beginnt Peter Kneipp – ein Vorfahre der heutigen Besitzer – mit dem Bau der Ölmühle, wie sie heute noch erhalten ist, 1798/99 ist die Ölmühle mit ihrer hölzernen Mechanik fertig und mahlt, und mahlt und mahlt … bis sie 1926 stillgelegt wird.

Eine der treibenden Kräfte hinter Sanierung und Erhalt der alten Mühle ist Peter Reimanns Vater Klaus Reimann, unterstützt von Ehefrau Elke Reimann, der 1998 die Sicherung der Mühle mit eigenen Mitteln begonnen hatte und noch heute die meisten Führungen übernimmt. Da aber das „Kümmern“ um ein solches Denkmal privat kaum zu stemmen ist, wurde 2000 der Förderverein Ölmühle Berschweiler gegründet, und auch das Land half mit Zuschüssen. „Ein Ziel war und ist es“, so Peter Reimann, „die Mühle als Denkmal zu erhalten“ – was nicht zuletzt im Vorjahr auch Ärmel hochkrempeln bedeutete, denn 2018 mussten gleich dreimal Hochwasserschäden beseitigt werden.

 Anika und Peter Reimann vor ihrer Berschweiler Ölmühle. Das aufwendig sanierte historische Gebäude wird dieses Jahr 250 Jahre alt. Nur das Mühlrad der alten Wassermühle ist ein Nachbau.

Anika und Peter Reimann vor ihrer Berschweiler Ölmühle. Das aufwendig sanierte historische Gebäude wird dieses Jahr 250 Jahre alt. Nur das Mühlrad der alten Wassermühle ist ein Nachbau.

Foto: Engel
 Peter Reimann am Kollergang der Ölmühle: Hat der Müller ein paar Holzzähne aus dem Zahnrad gezogen, stoppte die Maschine. Der Umfang der Mühlräder nahm in 200 Jahren Gebrauch um 30 Zentimeter ab. 

Peter Reimann am Kollergang der Ölmühle: Hat der Müller ein paar Holzzähne aus dem Zahnrad gezogen, stoppte die Maschine. Der Umfang der Mühlräder nahm in 200 Jahren Gebrauch um 30 Zentimeter ab. 

Foto: Engel

Komplettiert wurde das Ensemble 2009, als ein Nachbau des fehlenden Mühlrades an der Außenwand angebracht wurde. „Geadelt“ wurde die alte Ölmühle aber schon früher: Für die vorbildliche Arbeit des Fördervereins gab es im Jahr 2006 den saarländischen Denkmalpflegepreis.

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