Der Trittstein des Anstoßes

Holz. Liesel und Nina Bauer aus Holz verstehen die Welt nicht mehr. Oder besser gesagt: Sie verstehen die Gemeindeverwaltung nicht mehr. "Mein Vater Gerhard ist am 13. November 2006 gestorben. Wir haben ihn auf dem Holzer Friedhof in einem Rasentiefengrab, das in der zweiten Reihe liegt, beerdigen lassen

Holz. Liesel und Nina Bauer aus Holz verstehen die Welt nicht mehr. Oder besser gesagt: Sie verstehen die Gemeindeverwaltung nicht mehr. "Mein Vater Gerhard ist am 13. November 2006 gestorben. Wir haben ihn auf dem Holzer Friedhof in einem Rasentiefengrab, das in der zweiten Reihe liegt, beerdigen lassen. Aber dort staut sich vor allem im Herbst und Winter das Regenwasser so, dass alles verschlammt ist. Man kann nur unter größter Mühe zum Grab gehen. Die Gefahr, dass man ausrutscht und sich verletzt, ist groß. Wir haben die Gemeinde um Hilfe gebeten. Wir möchten, dass dort Trittplatten angelegt werden, aber die Gemeinde lehnt das ab", erzählte Nina Bauer im Gespräch mit der Saarbrücker Zeitung - man sei auch bereit, die Trittsteine selbst zu besorgen. Mehrfach hat sie an die Gemeinde geschrieben (der Schriftverkehr liegt uns vor), mehrfach hatten sie oder ihre Mutter Liesel Telefongespräche mit dem Friedhofsamt, dem Bauamt und dem Holzer Ortsvorsteher geführt - bisher alles vergeblich. "Unser Wunsch ist es, ein paar Trittsteine zwischen die erste und zweite Reihe zu legen. Mehr nicht. Damit die Grabbesucher trockenen Fußes und unfallfrei an die Grabstelle gelangen können. Leider zeigt niemand dafür Verständnis", bedauert Nina Bauer. Aus dem Bauamt der Gemeinde habe sie folgende Ablehnungsgründe genannt bekommen, schildert sie: "Die Friedhofssatzung sehe an dieser Stelle keinen Weg vor. Zudem hätte sich außer uns noch keiner beschwert, und wenn man unserer Bitte nachkommen würde, dann würden auch andere mit diesem Wunsch an die Verwaltung heran treten. Außerdem hätten wir uns halt nicht für ein Tiefengrab entscheiden sollen, und wir sollten bei widrigen Witterungsverhältnissen nicht auf den Friedhof gehen, und wenn jemand stürzen und sich verletzen sollte, dann würde eben die Unfallversicherung der Gemeinde zahlen." Wenigstens hat Bürgermeister Rainer Ziebold reagiert: Er sagte der Familie Bauer zu, dass er ihr Anliegen noch einmal prüfen und die Kosten ermitteln wolle. Im Rahmen der Gleichbehandlung aller Nutzungsberechtigten von Rasengrabstätten wolle er die zuständigen Gremien der Gemeinde über das Anlegen von Gehwegen im Bereich der Rasengräber beraten und entscheiden lassen, schrieb Ziebold. Als erstes Gremium befasste sich der Holzer Ortsrat damit. Nina Bauer trug, im Rahmen der Bürgerfragestunde, ihr Anliegen vor. In der Verwaltungsvorlage wurde der Wunsch der Familie Bauer nach Anlegen eines Gehweges ebenfalls erwähnt. Die Verwaltung empfahl dem Ortsrat jedoch, diesen Wunsch abzulehnen. Begründung: Im Haushalt steht kein Geld dafür bereit und das Anlegen von Gehwegen in allen Rasengrabfeldern des Holzer Friedhofes würde 7500 Euro kosten. Auch Ortsvorsteher Arno Montag (SPD) empfahl dem Rat, den Antrag abzulehnen. Anders die CDU. So meinte Manfred Schmidt: "Wenn an der genannten Stelle auf dem Holzer Friedhof tatsächlich Probleme bestehen, dann muss man sie auch ausmerzen." Schmidt regte eine Einzelfallprüfung an. Diesem Vorschlag stimmten SPD, FDP und NÖL zu. So sagte Jan Paul (SPD): "Wir müssen alle gleich behandeln. Aber wenn ich höre, was von der Frau Bauer vorgetragen wurde, dann muss die Gemeinde prüfen, ob man hier Abhilfe schaffen kann, ohne einen Präzedenzfall zu schaffen." Das Ergebnis der Einzelfallprüfung soll ein Vertreter der Verwaltung in der nächsten Ortsratssitzung vorstellen, fordert der Rat einstimmig. Meinung

Bürokraten im Porzellanladen

Von SZ-RedakteurMarco Reuther "Der Bürokrat tut seine Pflicht. Von neun bis eins. Mehr tut er nicht" (aus der Operette "Der Obersteiger" von Karl Zeller, 1842-1898). Wo, um Himmels Willen, ist denn das Problem, wenn es darum geht, auf dem Holzer Friedhof ein paar Trittsteine an eine Matsch-Stelle zu legen? Und der Holzer Ortsrat hat nichts Besseres zu tun als aus einer Mücke einen Debattierclub-Elefanten im Porzellanladen zu machen: Es ging ja nie darum, dass großartig teure Wege angelegt werden sollen, sondern lediglich um ein paar Steinplatten, welche die Betroffenen auch noch selbst zur Verfügung stellen würden. Das muss nun wirklich nicht zu einer "Gleiches Recht für Alle"-Frage hochstilisiert werden, denn es ist ja wohl eine Selbstverständlichkeit, dass in einer überschaubaren Gemeinschaft wie Holz oder Heusweiler auf Einzelfälle eingegangen werden kann (sonst könnten wir uns gleich Saarbrücken angliedern) und man nicht nach Wegen für alle Friedhöfe rufen muss, wenn es auf einem Friedhof eine bestimmte, tief liegende und oft matschige Stelle gibt. Und sollte den betroffenen Bürgern auf ihre Bitte hin tatsächlich gesagt worden sein, dass sie halt bei schlechtem Wetter nicht zum Friedhof gehen müssen und im Falle eines Unfalls ja die Gemeindeversicherung zahlt, dann grenzt das an Geschmack- und Pietätlosigkeit.

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