Kein dringender Soforteinsatz in Saarbrücken Steuerbefreiung für Fahrdienste verweigert

Saarbrücken · Die Verantwortlichen der fünf privaten Transport-Unternehmen für Kranke im Saarland sind sauer. Sie sollen nun Steuern für neu zugelassene Wagen zahlen.

 Um von der Kfz-Steuer befreit zu werden, müssen dringende Soforteinsätze vorliegen, argumentiert das Hauptzollamt Saarbrücken. Dieser Ansicht widerspricht der Verein privater Rettungsdienste Saar.

Um von der Kfz-Steuer befreit zu werden, müssen dringende Soforteinsätze vorliegen, argumentiert das Hauptzollamt Saarbrücken. Dieser Ansicht widerspricht der Verein privater Rettungsdienste Saar.

Foto: Verein privater Rettungsdienste Saar

Die fünf privaten Krankentransportunternehmen im Saarland fallen aus allen Wolken. Bisher mussten sie für ihre rund 54 Krankenwagen keine Kfz-Steuer zahlen. Seit vergangenem Jahr allerdings erreichen die Chefs der Unternehmen für neu zugelassene Wagen Steuerbescheide des Hauptzollamtes, sagt Jürgen Zimmer, Vorsitzender des Vereins privater Rettungsdienste Saar. In allen Fällen habe das Hauptzollamt argumentiert, dass es sich bei dem Krankentransport der Unternehmen nicht um dringende Soforteinsätze handele. Hilfsorganisationen wie das DRK oder die Malteser, die im Auftrag der öffentlichen Hand – des Rettungszweckverbandes – Rettungseinsätze und Krankentransporte fahren, bleiben weiter von der Kfz-Steuer befreit.

Laut Kraftfahrzeugsteuergesetz sind Fahrzeuge von der Kfz-Steuer befreit, wenn sie bestimmte bauliche Voraussetzungen erfüllen. Sie müssen der Funktion entsprechend beschriftet und mit medizinischem Gerät ausgestattet sein. Das treffe laut Zimmer auf die Wagen der privaten Krankentransportunternehmen im Saarland zu.

Uneinigkeit herrscht allerdings bei der Auslegung des Gesetzes bezüglich der Verwendung der Krankenwagen. Um von der Kfz-Steuer befreit zu werden, müssen „sowohl für den Rettungsdienst als auch für die Krankentransporte dringende Soforteinsätze vorliegen. Darunter sind akute Notstände zu verstehen, in denen unmittelbar Gefahr für Leib und Leben besteht“, sagt Diana Becker vom Hauptzollamt Saarbrücken auf Anfrage unserer Zeitung. Jürgen Zimmer hingegen argumentiert, dass das Gesetz nicht ausschließlich einen dringenden Soforteinsatz verlange. Es schreibe lediglich vor, dass „die Fahrzeuge ausschließlich für Fahrten im Zusammenhang mit der Behandlung kranker Menschen verwendet werden dürfen“. Darunter fallen laut Zimmer auch der Transport und Rücktransport immobiler Patienten für Termine in Kliniken oder Arztpraxen – die Hauptaufgabe der privaten Unternehmen.

Letztlich könnten die Wagen der Privatunternehmen aber auch in dringenden Soforteinsätzen benötigt werden. Seit einer Novellierung des Saarländischen Rettungsdienstgesetzes im Jahr 2011 sind auch die Privatunternehmen für Rettungsdiensteinsätze zugelassen und für den Katastrophenfall vorgesehen. Sofern die Rettungsleitstelle Bedarf sieht, könnten die Krankenwagen zur Notfallrettung herangezogen werden. Dies ist bisher aber noch nicht der Fall gewesen.

Zimmer verweist auf ein Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom September 2018. Darin hat der BFH zwar eine Klage auf Steuerbefreiung für den Transport behinderter Menschen im Sinne eines Taxis abgelehnt, unter anderem aber geschrieben, dass das Kraftfahrzeugsteuergesetz keinen dringenden Soforteinsatz verlangt. Das Hauptzollamt hingegen verweist auf ein beim BFH anhängiges Verfahren dass sich mit der Frage beschäftigt, ob eine Steuerbefreiung nur für Fahrzeuge gewährt werden kann, die ausschließlich für dringende Soforteinsätze verwendet werden.

„Für mich ist das, was das Hauptzollamt hier betreibt, ganz klar eine Rechtsbeugung“, sagt Jürgen Zimmer. Die privaten Unternehmen erfüllten alle Voraussetzungen des Saarländischen Rettungsdienstgesetzes sowie zur Steuerbefreiung nach Kraftfahrtsteuergesetz. „Das nun die Behörde sagt, sie sehe das anders, ist einfach unverständlich. Hier werden Dinge konstruiert, die nicht nachvollziehbar sind.“ Seit rund einem Jahr suche Zimmer immer wieder das Gespräch mit Verantwortlichen des Hauptzollamtes. Immer wieder werde auf die Notwendigkeit zum Soforteinsatz verwiesen.

Eine Untersuchung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, an den Zimmer im vergangenen Jahr ebenfalls eine Anfrage gestellt hatte, gibt den privaten Krankentransportunternehmen Recht. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Hermann-Josef Treboke, Mitglied des Bundesfinanzausschusses, mit dem Zimmer in Kontakt stand, schreibt: „Soweit ich die Ausführungen des Wissenschaftlichen Dienstes verstehe, dürfte einer Steuerbefreiung für Krankenkraftwagen, die ausschließlich für den Zweck der Krankenfahrten eingesetzt werden, nichts im Wege stehen. Ich kann nicht abschließend beurteilen, wieso das für Sie zuständige Zollamt zu einer anderen Bewertung der skizzierten Sachlage kommt.“ Zimmer habe sich bei Kollegen in anderen Bundesländern erkundigt. „Anscheinend verweigert das Hauptzollamt nur im Saarland den privaten Unternehmen eine Steuerbefreiung.“

 Jürgen Zimmer, Vorsitzender des Vereins der privaten Rettungsdienste Saar

Jürgen Zimmer, Vorsitzender des Vereins der privaten Rettungsdienste Saar

Foto: Teresa Bauer

Laut Zimmer übernehmen die fünf Unternehmen im Saarland rund 120 000 Krankentransporte pro Jahr. Mit der nun geforderten KfZ-Steuer kämen auf sie jährlich insgesamt über 10 000 Euro zu, die nicht von Krankenkassen übernommen werden. Denn die zahlen nur für die Transporte.

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