Schulausbau Mehr Schüler, mehr Ganztag, kleinere Klassen: Viele Saarbrücker Grundschulen platzen aus allen Nähten

Saarbrücken · Die Schülerzahlen in der Landeshauptstadt steigen – und damit die Raumnot. Hinzu kommt der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder ab 2026. Mit Hochdruck baut Saarbrücken daher Grundschulen aus – und steht dabei verhältnismäßig gut da.

 In den Stadtteilen Malstatt und Burbach steigen die Zahlen der Grundschulkinder besonders stark. Am Kirchberg entsteht zurzeit nicht nur eine innovative Bildungswerkstatt, sondern auch die Grundschule Wallenbaum (links) bekommt einen Anbau.

In den Stadtteilen Malstatt und Burbach steigen die Zahlen der Grundschulkinder besonders stark. Am Kirchberg entsteht zurzeit nicht nur eine innovative Bildungswerkstatt, sondern auch die Grundschule Wallenbaum (links) bekommt einen Anbau.

Foto: Esther Brenner

Container auf Schulhöfen – die sieht man immer häufiger an Grundschulen in der Stadt. Es sind Notlösungen. Denn obwohl sich die Schülerzahlen seit 2015 nach oben entwickeln, wurden die Grundschulen erst nur schleppend erweitert. „Die Prognosezahlen waren falsch“, gibt die Saarbrücker Bildungsdezernentin Sabine Dengel eine Erklärung. Sie ist seit 2021 für die Grundschulen der Stadt zuständig.

750 Grundschulkinder mehr bis 2030

„In der Gesamtübersicht der Prognosezahlen wird für die Grundschulen der Landeshauptstadt Saarbrücken vom Schuljahr 2020/21 bis zum Schuljahr 2029/30 ein Anstieg der Schülerzahlen um etwa 750 Schüler prognostiziert. Dies entspricht je nach Klassenteiler und der Zahl der Kinder in den jeweiligen Eingangsklassen etwa 30 zusätzlichen Klassen“, heißt es im aktuellen Schulentwicklungsplan. Zurzeit verteilen sich knapp 6000 Schülerinnen und Schüler auf 27 Grundschulen und zwei Dependancen in der Landeshauptstadt.

Man sei im Bildungsministerium lange von rückläufigen Schülerzahlen auch aufgrund rückläufiger Geburtenraten ausgegangen – und hatte deshalb 2005 sogar Grundschulstandorte landesweit geschlossen. In Saarbrücken traf es damals die Grundschulen Fechingen, Eschringen sowie Schafbrücke. Dort, am Geisberg, ist das alte Schulhaus aber wieder in Betrieb. Als Übergangsstandort der Grundschule Bischmisheim, die in diesem Schuljahr saniert wird. Im kommenden Schuljahr werde die Grundschule Güdingen dorthin ausgelagert, auch sie soll saniert werden, kündigte Dengel an.

Falsche Schüler-Prognosezahlen

Warum aber lag man bei der Prognose so falsch? Die Flüchtlingskrise 2015 war nicht einkalkuliert. Mit den Menschen vor allem aus Syrien kamen viele jüngere Kinder. „Hinzu kommt, dass viele Menschen in die Ballungsräume ziehen“, ergänzt Dengel. Und viele der Migranten wiederum in die so genannten „Ankunftsstadtteile“ Burbach und Malstatt, wo die Grundschulen deshalb aus allen Nähten platzen. Zudem habe man seit Beginn des Krieges in der Ukraine allein von dort 225 Kinder aufgenommen. „Das sind bei einem Klassenteiler von 25 zusätzlich zehn Klassen“, rechnet Dengel vor. Der Flüchtlingsstrom wird nicht abreißen, es kommen auch wieder mehr Menschen aus anderen Teilen der Welt. „Die realen Anmeldezahlen sind auch deshalb höher als die Prognose“, ergänzt Sabine Dengel.

Es sind aber nicht nur steigende Schülerzahlen, sondern auch pädagogische Ansprüche, die zusätzlichen Raumbedarf schaffen. Kleine Klassen sind pädagogisch sinnvoll. Deshalb verfügte das Bildungsministerium 2022 die Herabsetzung des Klassenteilers von 29 auf 25, im gebundenen Ganztag sogar aktuell auf nur 23 Kinder. Die Folge: Es braucht mehr Platz. „Und dann kommt 2026 noch der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder hinzu“, listet Dengel auf. Noch mehr Raumbedarf also.

Bau des „Bildungscampus West“ soll Weyersbergschule entlasten

Allein an der Burbacher Weyersbergschule, mit zirka 450 Schülern die größte Grundschule der Stadt, hätten sich rund 50 Kinder mehr angemeldet, als die Schule aufnehmen könne, berichtet Ralf Becker, Leiter des Saarbrücker Schulamtes. Dort liegt der Klassenteiler zudem bei nur 20 – „aufgrund der schwierigen Lebenssituation vieler Kinder“ wie es im Schulentwicklungsplan heißt. Man setzt in Burbach mittelfristig auf den „Bildungscampus West“ am Füllengarten, der seit 2017 in Planung ist. Dort ist die Gebundene Ganztagsgrundschule Füllengarten bereits ausgebaut worden und soll zukünftig in diesen „Bildungscampus West“ integriert werden. Zu diesem sollen dann bis 2028 eine weitere neue Ganztagsgemeinschaftsgrundschule (in Trägerschaft der Landeshauptstadt) und eine neue Ganztagsgemeinschaftsschule (in Trägerschaft des Regionalverbandes) gehören, außerdem eine Mehrzweckhalle, eine neue Kita und ein Familienzentrum (wir berichteten). Möglicherweise werden dann im Saarbrücker Westen auch Schulbezirke geändert, um „soziale Segmentierung zu vermeiden“, so Dengel. Und um die anderen Standorte zu entlasten.

Warum dauern die Erweiterungen und Neubauten aber so lange? Die weiterführende Schule Füllengarten muss der Regionalverband als Schulträger bauen. „Das wird eine große Nummer, braucht aber viel Abstimmung“, erklärt Dengel die langen Planungszeiträume. Vor allem, weil die Finanzierung auch durch Fördermittel gesichert werden müsse.

Bildungswerkstatt in der „grünen Oase Kirchberg“

Auch die sehr nachgefragte Gebundene Ganztagsschule Am Kirchberg in Malstatt muss jedes Jahr Absagen erteilen. Die Kinder gehen dann auf die freiwillige Ganztagsschule Wallenbaum gegenüber. Und die wird langfristig auf vier Züge erweitert. Bis 2026 soll der Anbau stehen – als einer von mehreren Gebäuden der „grünen Bildungs-Oase Kirchberg“, wo außerdem die neue, innovative Bildungswerkstatt – eingerahmt von den beiden Grundschulen und der städtischen Kita – gerade hochgezogen wird (wir berichteten).

Es passiert also viel, der Druck auf die Landeshauptstadt ist hoch. Viele Schulen werden gerade auch energetisch saniert. Das kostet. Wieviel genau konnte Dengel nicht sagen. Die „enormen“ Investitionen würden mit Krediten und Fördermitteln finanziert.

Ganztagsplätze für 71 Prozent der Grundschüler geschaffen

Aber sie sieht Licht am Ende des Tunnels: „Wir haben heute bereits für 71 Prozent der Kinder Ganztagsgrundschulplätze geschaffen“, freut sich die Schuldezernentin. „Damit steht Saarbrücken sehr gut da im Vergleich zu anderen Großstädten.“ Bundesweit vorgegeben ist das Ziel, Ganztagsangebote für 80 Prozent der Familien zu schaffen.

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