Zweimal zwei geheime Wahlgänge

Großrosseln. Bürgermeister Peter Duchene war auf alle Wechselfälle des politischen Lebens vorbereitet. Zu den Beigeordneten-Wahlen in der Gemeinderatssitzung am Dienstagabend hatte er vorsorglich eine Münze mitgebracht. Ein historisches Stück, groß und schwer - wäre die Wahl durch Los entschieden worden, hätte kein zufälliger Luftzug den Münzwurf anfechtbar gemacht

Großrosseln. Bürgermeister Peter Duchene war auf alle Wechselfälle des politischen Lebens vorbereitet. Zu den Beigeordneten-Wahlen in der Gemeinderatssitzung am Dienstagabend hatte er vorsorglich eine Münze mitgebracht. Ein historisches Stück, groß und schwer - wäre die Wahl durch Los entschieden worden, hätte kein zufälliger Luftzug den Münzwurf anfechtbar gemacht. Doch dazu kam es nicht. Der Rat wählte per Abstimmung Fred Schuler, CDU (49), zum ersten Beigeordneten, Hans-Georg Schneider, Freie Wähler (60), zum zweiten Beigeordneten. Hier wie dort erlebten die zahlreichen Zuhörer freilich einen Wahl-Krimi, wie er bei solchen Anlässen nur selten zu beobachten ist: Beide Entscheidungen fielen mit genau einer Stimme Mehrheit - und für beide waren zwei Wahlgänge nötig. Vorher hatte der Rat einstimmig Duchenes Vorschlag angenommen, nicht nur einen, sondern zwei Beigeordnete zu küren. Die neue Jamaika-Koalition im Land, so hatte der Bürgermeister argumentiert, weise den Kommunen so viele Aufgaben zu, dass man dafür genug Personal brauche. Zustimmung auch zur Verteilung der Geschäftsbereiche: Der erste Beigeordnete soll sich - wie bisher Frank Dennert, dem Duchene für seine Arbeit dankte - um Sicherheit und Ordnung kümmern, der zweite um den Sport. Ebenfalls Zustimmung fürs Finanzielle: Die bisherige Aufwandsentschädigung von 200 Euro pro Monat soll gleichmäßig zwischen den neuen Amtsträgern aufgeteilt werden. Dann wurde es spannend. Die SPD-Fraktion schlug Jörg Dreistadt als ersten Beigeordneten vor, die CDU Fred Schuler. Geheime Abstimmung - bei der Auszählung erwies sich ein Stimmzettel als ungültig, es stand 13:13. Erneuter Gänsemarsch zur Wahlurne, angespannte Gesichter, Zupfen an eng werdenden Krawattenknoten - doch dieses Mal kein weißes Blatt, 14 Stimmen für Schuler. Dreistadt war einer der ersten Gratulanten. Bei der Wahl zum zweiten Beigeordneten überließen CDU und SPD den kleinen Fraktionen das Feld: Hans-Georg Schneider (FWG) und Manuel Octubre (Linke) traten an. Wiederum ein weißes Blatt und 13:13-Gleichstand, wiederum rief Duchene die Ratsmitglieder ein zweites Mal einzeln in die Wahlkabine. Das neue Ergebnis: 14 Stimmen für Schneider. Etwas später klapperte es leise, Duchene griff unter seinen Sessel. Und förderte nicht etwa die Münze zutage, sondern ein metallenes Möbel-Teil. "Nicht zu fassen", kommentierte er seinen Fund trocken, "da sägt doch jemand schon am Stuhl des Bürgermeisters!"

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort